Die Selbstständigkeit lockt mit viel Freiheit und eigener Kontrolle über die Arbeitszeit. Sie bringt aber auch Herausforderungen mit sich – und oft ein hohes Maß an Stress.
Willkommen in der wunderbaren Welt der Selbstständigkeit. Hier mangelt es nicht an Freiheit, Freizeit, hohem Verdienst und langen Mittagspausen. So jedenfalls lauten die gängigen Klischees, die gerne über Selbstständige verbreitet werden.
Doch hinter die Fassade geblickt, zeigt sich, dass Selbstständigkeit nicht nur mit gewissen Annehmlichkeiten gegenüber dem Angestelltenverhältnis verbunden ist, sondern auch mit Stress – und das nicht zu knapp. Dennoch brennen viele Selbstständige für ihren Traumjob. Das sind die Vor- und Nachteile der Selbstständigkeit.
Einer der vielen Vorteile der Selbstständigkeit ist die zeitliche Flexibilität. Das hat aber nichts mit „ausschlafen und aufstehen, wann man will“ zu tun. In der Realität bedeutet Flexibilität oft auch, am späten Abend oder in der Nacht zu arbeiten, wenn andere längst Feierabend haben, oder sogar am Wochenende, wenn die meisten Angestellten ihre Freizeit genießen.
Die Hoffnung auf das große Geld durch die Erfindung eines revolutionären Produkts oder den Exit nach dem Verkauf des Unternehmens spielt in der Realität für die meisten Selbstständigen keine Rolle. Zwar findet der Gedanke an ein hohes Einkommen seinen Weg in den Businessplan, doch in der Realität bedeutet finanzielle Freiheit für Selbstständige, ständig neue Kunden zu akquirieren, um das Geschäft auch in schwierigen Zeiten am Laufen zu halten.
Sich teure Luxusgegenstände leisten zu können oder mit 50 Jahren Privatier zu sein, ist eher zweitrangig. An erster Stelle stehen Büromiete, Kreditraten, Personalkosten, Krankenversicherung und Sozialabgaben – und zwar so, dass sie pünktlich bei den entsprechenden Behörden eingehen.
Am meisten schätzen Selbstständige an ihrer Arbeit, dass sie keinen nervigen Vorgesetzten haben, der ihnen sagt, wo es lang geht und was zu tun ist. Aber statt einer Person, die einem auf der Nase herumtanzt, gibt es viele – sie heißen Kunden und sind oft noch anspruchsvoller. Dennoch ist es für Selbstständige das größte Privileg, ihr eigener Chef zu sein.
Wer bei der Selbstständigkeit nur die Vorteile sieht, sieht zu kurz. Denn die Nachteile haben es oft in sich und überwiegen in der Summe die Vorteile. Das fängt bei der finanziellen Unsicherheit an. Selbstständige haben kein regelmäßiges Einkommen und tragen das volle finanzielle Risiko ihrer Unternehmung, sei es als Solo-Selbstständige oder als Existenzgründer.
Bei Auftragsflauten oder längeren Krankheitsphasen fehlt ein sicheres Einkommen, während Fixkosten wie Miete, Strom, Versicherungen und Mitarbeitergehälter weiterlaufen. Darüber hinaus müssen Selbstständige selbst für ihre Kranken- und Arbeitslosenversicherung sowie für ihre Altersvorsorge aufkommen.
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Gerade in der Gründungsphase sind Arbeitszeiten von 70 bis 80 Stunden pro Woche keine Seltenheit. In den ersten Jahren – bis das Unternehmen Gewinne abwirft – müssen Freizeit, Familie und Freunde oft zurückstehen. Dies kann zu erhöhtem Stress und Überforderung führen. Auch im Urlaub, in dem Gründer nicht an gesetzliche Regelungen gebunden sind, wird häufig weitergearbeitet.
Die Verantwortung für das eigene Unternehmen und die Mitarbeiter stellt für manche eine große psychische Belastung dar, zumal sich die hohen Erwartungen an die Selbstständigkeit in der Praxis anfangs oft nicht erfüllen.
Neben der Kernkompetenz, dem eigentlichen Grund für den Schritt in die Selbstständigkeit, müssen sich Selbstständige zusätzlich mit Buchhaltungsfragen und ihrem Steuerberater auseinandersetzen. Hinzu kommen bürokratische Hürden wie Formulare, Vorschriften und gesetzliche Regelungen.
Auch die Beschaffung von Krediten kann schwierig und mühsam sein. Denn die Banken verlangen in der Regel die Bilanzen der letzten drei Geschäftsjahre, die zum Zeitpunkt der Unternehmensgründung nicht vorliegen. Lesen Sie auch: Kredite für Selbstständige und Möglichkeiten, wie Sie die Bank überzeugen.
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In der Anfangszeit kommen mit der Kundenakquise und dem Marketing weitere Aufgabenbereiche hinzu, die mit dem Gegenstand des Unternehmens nichts zu tun haben. Doch Kunden gewinnen und Aufträge akquirieren gehören zum Handwerkszeug einer selbstständigen Unternehmerin oder eines selbstständigen Unternehmers.