Die aktuellen Dunkelflauten legen ein reales Problem offen. Deutschland muss schnell raus aus der energiepolitischen Zwischenwelt. Doch die kaputte Debatte erschwert das.
Eine schwedische Energieministerin, die wütend auf Deutschland ist. Ein Stahlwerk, das die Produktion stoppt und Verluste in sechsstelliger Höhe beklagt. Und eine Opposition, die ihre Freude angesichts der Aufregung um die Dunkelflaute und kurzfristige Strompreisrekorde kaum noch verhehlen kann, es ist schließlich Wahlkampf.
In der Debatte um die deutsche Energieversorgung braut sich gerade ein perfekter Sturm zusammen. Er hat das Potenzial, ernsthaften Schaden anzurichten. Denn es gibt tatsächlich ein großes Problem: Das deutsche Stromsystem hängt in einer Zwischenwelt fest.
Das ist gefährlich. Wenn nicht schnell etwas passiert, kann es tatsächlich böse enden. Da haben die lauten Kritiker der Regierungspolitik recht. Allerdings tun dieselben Kritiker gerade wenig dafür, dass es besser wird. Weil sie öffentlich Scheinlösungen propagieren, von denen sie offensichtlich selbst nicht überzeugt sind – und das völlig zu Recht.
Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, sind Windräder und Solarpanels nutzlos. Diese sogenannten Dunkelflauten lassen die Strompreise an der Börse kurzzeitig steigen. Nicht immer fallen Rekorde wie in den vergangenen Wochen, aber schön ist das auch sonst nicht. Zwar merken Privatleute mit langfristigen Verträgen davon erst einmal nichts. Aber für Unternehmen, die zum Teil kurzfristig einkaufen müssen und darauf eingestellt sind, immer produzieren zu können, eben schon.
Es gibt also objektiv ein Problem mit Dunkelflauten in einem Stromsystem, das immer mehr auf Strom aus Wind und Sonne setzt. Jedenfalls in einem System, das mitten in der Transformation steckt. Und da beginnt das eigentliche Problem.
Daran ändert auch der Verdacht nicht grundsätzlich etwas, dass Energiekonzerne in den vergangenen Wochen die Lage ausgenutzt haben könnten. Auch die Stromproduktion aus Kohle und Gas, die solche Dunkelflauten kompensieren soll, fiel auffallend gering aus. Das hat die Preise weiter getrieben. Die Bundesnetzagentur prüft Vorwürfe, dass die Marktmechanismen missbraucht worden sind.
Die Produktion drosseln, um von den so mit erzeugten Preisspitzen zu profitieren – schon dass das möglich erscheint, zeigt, dass die Regulierung des Strommarktes noch nicht da ist, wo sie sein müsste.
Doch das Problem ist eben auch ganz handfest. Die Stromnetze müssen ausgebaut werden, um bereit zu sein für die flexiblere, breit verteilte Stromproduktion aus Wind und Sonne. Die Verbraucher müssen durch Digitalisierung und Smart Meter von günstigen Stromphasen profitieren können. Für Dunkelflauten braucht es große Stromspeicher. Die Steuern und Netzentgelte müssen runter. Und deutlich mehr Erneuerbare müssen natürlich auch gebaut werden.
Klingt wie grüne Ideologie, direkt aus dem Programm von Robert Habeck? Nun: Das alles steht genauso im Wahlprogramm der Union. Es ist also überhaupt nicht mehr umstritten. Zumindest nicht unter Parteien, die es grundsätzlich für nötig halten, unsere Energieproduktion klimaneutral zu machen. Und das sind alle demokratischen Parteien.
Es ist deshalb einigermaßen verwunderlich, dass man bei öffentlichen Wortmeldungen besonders der Union gerade den Eindruck bekommen kann, die Energiewende an sich sei das ganze Übel. Das liegt auch an taktischen Halbwahrheiten, die im politischen Wettbewerb nicht ungewöhnlich sind, aber in der aufgewühlten Energiedebatte umso toxischer wirken.
Robert Habeck schaltet ohne Sinn und Verstand fossile Kraftwerke ab? Eher das Gegenteil ist richtig. Was ihm immer wieder Kritik von Teilen seiner Partei und von Umweltorganisationen einbringt. Er lässt teures Flüssiggas aus Übersee anschiffen. Er hat mehr Kohlekraftwerke als Notfallreserve am Netz gehalten. Selbst die Atomkraftwerke hat die Bundesregierung mit dem Vizekanzler Robert Habeck auf dem Höhepunkt der Energiekrise ein paar Monate länger laufen lassen als eigentlich geplant.