News folgen

Friedrich Merz hat sich als Kanzlerkandidat durchgesetzt. Der Weg bis hierhin: War deutlich herausfordernder als der CDU-Chef es zugibt. Denn Markus Söder hätte auch gewollt. Ein Auszug aus dem neuen Buch von t-online-Chefreporterin Sara Sievert.

Als Friedrich Merz und Markus Söder sich Anfang August treffen, teilt der CDU-Vorsitzende dem CSU-Chef erstmals in aller Klarheit mit, was er sich vorstellt. Merz sagt Söder sinngemäß: Ich will es machen. Woraufhin Söder erwidert haben soll: Ich auch. Man spielt den Ball etwas hin und her. Am Ende gehen die beiden Männer erst mal ohne Ergebnis auseinander. Man vereinbart, in Kontakt zu bleiben. In den darauffolgenden Wochen gibt es eine Reihe von bilateralen Gesprächen, nicht in persona, sondern fast ausschließlich am Telefon. Wohl auch, um das Risiko zu mindern, dass jemand Wind von dem Austausch der beiden bekommt. Merz lässt dabei, so heißt es, mehr und mehr durchklingen, dass er das Rennen machen will und wird.

Später, nach der Entscheidung und Verkündung, werden beide Parteichefs immer wieder überschwänglich von dem Miteinander schwärmen. Sie werden betonen, dass der Austausch von großer Konstruktivität und Vertrauen geprägt gewesen sei. Auch Dobrindt wird im Gespräch mit mir noch einmal betonen: „Der Umgang von Friedrich Merz und Markus Söder war von Anfang an von großem gegenseitigen Respekt geprägt“, das sei die Grundlage dafür gewesen, dass „eine gute Verständigung erreicht werden konnte“, so Dobrindt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es eben doch mehrere Gespräche brauchte, bis Söder Merz wirklich den Vortritt lässt. In der CSU sprach man in dieser Zeit davon, dass die Botschaft zwar intellektuell bei dem Vorsitzenden angekommen sein dürfte, nur emotional noch nicht. Söder beschließt sogar, es doch noch einmal zu versuchen.

Innerhalb kürzester Zeit gibt er eine ganze Reihe von Interviews, in denen er immer wieder betont, er stehe bereit. Auch dass die Umfragewerte eines potenziellen Kandidaten eine wichtige Rolle spielen, wird aus Bayern, von Söder selbst und seinen größten Befürwortern, immer wieder betont. So erklärt der CSU-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag und Söders enger Vertrauter Klaus Holetschek in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen Zeitung: „Entscheidend ist die Frage: Mit welchem inhaltlichen und personellen Angebot haben wir die maximale Chance auf einen Wahlerfolg? Das ist die Frage, die über allem steht, und da geht es zuerst um die Entscheidung über einen gemeinsamen Kanzlerkandidaten.“

Als erwidert wird, dass dieser Kandidat den Umfragen zufolge Markus Söder sei, antwortet Holetschek: „Dass Markus Söder Kanzler kann, ist für mich unbestritten. Er hat oft genug bewiesen, dass er führungsstark ist und die Menschen ihm vertrauen.“ Auf dem Gillamoos-Jahrmarkt wird Söder noch einmal richtig ernsthaft. Merz und er seien sich „einig wie nie“. Wichtig sei, dass es dieses Mal anders laufe als 2021, „damals war es nämlich schlicht und einfach der falsche Kandidat“, sagt Söder und fügt dann einen Satz hinzu, den man nicht falsch verstehen kann: „Ich würde mich nicht drücken, Verantwortung für unser Land zu übernehmen.“

Es ist die letzte Bewerbung des Bayern um die Kanzlerkandidatur, präsentiert am 2. September 2024, nur 15 Tage vor der Entscheidung. Zu dem Zeitpunkt glaubt Merz, die Sache sei längst geklärt. Während der CDU-Vorsitzende den Termin am 17. September als reine Formalie versteht, ist es für Söder der Tag der Entscheidung. Wie das zusammenpasst? Der eine weiß, er wird es. Der andere glaubt, er kann es noch werden.

Die Woche der Entscheidung wird relativ bald nach dem ersten Gespräch im August festgezurrt. Am Dienstag oder Donnerstag will man sich treffen und anschließend vor die Presse treten. Söder wünscht sich schließlich den Dienstag. Er will die Sache vor der CSU-Klausurtagung in Kloster Banz geklärt haben. Am Montag, den 9. September informiert Merz Linnemann über den genauen Termin.



Während der CDU-Vorsitzende den Termin am 17. September als reine Formalie versteht, ist es für Söder der Tag der Entscheidung. Wie das zusammenpasst? Der eine weiß, er wird es. Der andere glaubt, er kann es noch werden.


Aus dem Buch „Der Unvermeidbare“


Der CDU-Chef nimmt den Generalsekretär kurz vor Beginn der Unions-Fraktionssitzung im Bundestag zur Seite, berichtet ihm die Details. Jetzt geht es auf die Zielgerade. Alles läuft unter strengster Geheimhaltung, selbst engste Mitarbeiter werden teilweise nicht mehr eingeweiht aus Sorge, jemand könne sich verplappern. Die Landesvorsitzenden bekommen zumindest einen Teil der Wahrheit erzählt. Merz beschließt, sie kurz vor der Entscheidung abzutelefonieren.

Aktie.
Die mobile Version verlassen