Aufstieg der AfD

„Das sollten die Menschen in Westdeutschland verstehen“

02.03.2025 – 16:59 UhrLesedauer: 5 Min.

Hand mit Totenkopf-Ringen hält ein AfD-Plakat: Auch in Westdeutschland erreicht die Rechtsaußenpartei inzwischen hohe zweistellige Ergebnisse. (Quelle: Maja Hitij)

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Jakob Springfeld engagiert sich gegen Rechtsextremismus. Der junge Autor meint, der Osten sei dem Westen nur wenige Jahre voraus.

Spätestens seit den Bundestagswahl ist klar: Der Rechtsextremismus in Deutschland nimmt besorgniserregende Ausmaße an. Die AfD konnte ihre Stimmenanteile verdoppeln und wird mit 152 Abgeordneten im neuen Parlament sitzen. Dabei ist die Rechtsaußenpartei längst auch in Westdeutschland zum Massenphänomen geworden, erreichte in manchen Wahlkreisen fast 25 Prozent.

Jakob Springfeld beobachtet die Entwicklung mit Sorge. Er ist erst 22 Jahre alt, engagiert sich aber schon lange gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit, nicht nur in seiner sächsischen Heimat. Mit seinem neuen Buch „Der Westen hat keine Ahnung, was im Osten passiert“ tourt Springfeld zurzeit durchs Land, gibt Lesungen in Kleinstädten, Dörfern und Schulen.

Im Interview erklärt Springfeld, warum sich der Rechtsextremismus so ungehemmt ausbreitet, was jeder Einzelne dagegen tun kann – und was die Westdeutschen dringend von den Ostdeutschen lernen müssen.

t-online: Herr Springfeld, wie bewerten Sie die Ergebnisse der Bundestagswahl?

Jakob Springfeld: Dass eine Zweierkoalition überhaupt noch möglich ist, stimmt mich einerseits optimistisch, dass die Regierung eine Legislatur lang durchhält. Andererseits macht mir der Rechtskurs von Friedrich Merz immer größere Sorgen. Dass es das BSW nicht ins Parlament geschafft hat, ist gut. Gleichzeitig hat es mich natürlich sehr betroffen gemacht, wie gut die AfD in Ost-, aber auch in Westdeutschland abschneiden konnte.

Der Autor und Aktivist Jakob Springfeld (Quelle: Coco Villosa/privat)

Jakob Springfeld wurde 2002 im sächsischen Zwickau geboren. In Halle (Saale) studiert er Politikwissenschaft und Soziologie. Gerade erschien sein zweites Buch „Der Westen hat keine Ahnung, was im Osten passiert“. Zum Kämpfer gegen Rechtsextremismus wurde er, nachdem sein Vater sich in der Geflüchtetenhilfe engagiert hatte.

Sie stammen aus Zwickau. Nehmen die Westdeutschen den Aufstieg der AfD zu gelassen?

In Gelsenkirchen und Kaiserslautern hat die AfD die meisten Zweistimmen geholt. Schaut man auf die zweitplatzierte Partei, ist die AfD in Westdeutschland auch insgesamt stärker geworden. Das zeigt, dass es falsch ist, dieses Problem nur auf den Osten zu projizieren. Damit verharmlosen wir das Problem des Aufstiegs der Rechtsextremisten.

Das müssen Sie erklären.

Westdeutschland wird dem Osten mit ein paar Jahren Verzögerung folgen. Die AfD erreicht inzwischen auch im Westen hohe zweistellige Werte, aber die Empörung hält sich in Grenzen, weil man getrost auf die knapp 40 Prozent für die AfD in Sachsen zeigen kann. Und das Sprechen über den „rechten Rand“ oder den „rechten Osten“ verzerrt das Bild. Es ist eben kein „rechter Rand“, es ist nicht nur Ostdeutschland, es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

In Ihrem Buch nennen Sie das „westdeutsche Ignoranz“. Ein harter Vorwurf.

Ja, diese Ignoranz begegnet mir oft. Trotzdem wäre es falsch, jetzt nur auf Westdeutschland zu zeigen. Aber wenn die Menschen im Westen eine Ahnung hätten, was in Sachsen und in meiner Heimat Zwickau teilweise los ist, dann würden sie verstehen, dass diese Bedrohung nicht nur für einzelne Bundesländer ein Problem ist. Was in Sachsen passiert, kann auch in Nordrhein-Westfalen passieren. Das sollten die Menschen in Westdeutschland ein Stück weit verstehen und das war auch der Grund für mich, dieses Buch zu schreiben.

Müssen wir uns über den Westen mehr Sorgen machen als über Ostdeutschland?

Es ist wichtig, weiter über Ostdeutschland zu sprechen, auch wenn ich mir wünschen würde, dass das irgendwann nicht mehr nötig ist. Aber oft heißt es dann, die Ostdeutschen sollten sich ein Vorbild an Westdeutschland nehmen. Aber in ganz vielen Fällen können Westdeutsche auch von Ostdeutschen lernen.

Ich denke an die Demokratiearbeit im ländlichen Raum, die in Ostdeutschland teils unter schwierigen Bedingungen stattfindet. Aufgrund der steigenden AfD-Zahlen wäre diese Arbeit im ländlichen Westdeutschland mindestens genauso angebracht. Es gibt da auch aktivistische Partnerschaften, aber das muss ausgebaut werden, zwischen Stadt und Land, aber auch zwischen Ost und West.

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