Der Gewerkschaftsboss geht in den Ruhestand. Gegen die Deutsche Bahn und andere Unternehmen hat er im Namen der Lokführer stets kräftig ausgeteilt.

Er hat das Land wiederholt zum Stillstand gebracht und als letztes großes Projekt die schrittweise 35-Stunden-Woche für seine Lokführerinnen und Lokführer durchgeboxt – doch nun ist Schluss. Claus Weselsky, langjähriger Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und unbequemer Kritiker der Bahn, verabschiedet sich in den Ruhestand. Kommende Woche soll Mario Reiß bei der GDL-Generalversammlung zu seinem Nachfolger gewählt werden.

Weselsky nahm selten ein Blatt vor den Mund. Seine Schimpftiraden während Tarifrunden mit der Deutschen Bahn sind legendär. Oft wurde er dabei auch persönlich. Einige Sprüche von Weselsky werden in Erinnerung bleiben, die „Nieten in Nadelstreifen“ – das Bild der aus seiner Sicht abgehobenen Manager im Bahntower – bemühte er regelmäßig. t-online zeigt eine Auswahl:

Der heute 65-jährige Weselsky ist Gewerkschafter durch und durch. Schon bei der Geburtsstunde der GDL in Ostdeutschland ist der gebürtige Dresdner dabei und wird 1990 Vorsitzender der Ortsgruppe Pirna. Zwei Jahre später verlässt der gelernte Lokführer die Schienen: Vom Büro aus arbeitet er für die GDL als Personal- und Betriebsrat, ab 2002 ist er für seine Gewerkschaftstätigkeit ganz freigestellt. Im Mai 2006 steigt Weselsky zum Vizevorsitzenden der GDL auf.

Bekannt wird Weselsky 2007, als sich der damalige Chef Manfred Schell mitten in der heißen Phase des Arbeitskampfes in die Kur am Bodensee verabschiedet. Damals zeigt Weselsky, dass er als Verhandlungsführer die Position der Lokführer kompromisslos vertritt.

Das nach monatelangem Streit Anfang 2008 erkämpfte Ergebnis kann sich aus Sicht der GDL sehen lassen: elf Prozent mehr Lohn. Wenige Monate später wählen die Mitglieder der Lokführergewerkschaft Weselsky zu Schells Nachfolger – mit 90 Prozent der Stimmen.

Mit harten Bandagen kämpft Weselsky, der seit Jahren CDU-Mitglied ist, auch in den folgenden Tarifrunden. Immer wieder beschert er der Deutschen Bahn tagelange Streiks, stellt die Geduld der Fahrgäste auf eine harte Probe und attackiert den Konzern samt Führungsrüge in rüdem Ton. Seine Poltereien bringen dem GDL-Chef bisweilen auch Rücktrittsforderungen ein – selbst in Gewerkschaftskreisen ist sein Verhandlungsstil umstritten. „Der stellt sich hin, als würde er zum Heiligen Krieg aufrufen. Nur um sein Ego zu stärken“, schimpft einmal sein Vorgänger Schell.

Doch Weselsky ist Gegenwind gewohnt. Wiederholt wird er in der Öffentlichkeit als Krawallmacher dargestellt, als „Buhmann der Nation“ bezeichnet, die „Bild“-Zeitung nennt ihn einen „Größen-Bahnsinnigen“. Die Bahn wirft ihm immer wieder vor, „egoistische Machtinteressen“ durchsetzen zu wollen. Denn die kleine GDL steht im Wettbewerb mit der größeren EVG und die Lokführergewerkschaft bangt, dass ihr Einfluss im Konzern im Rahmen des Tarifeinheitsgesetzes kleiner werden könnte.

„Die Geschichte der GDL und des Claus Weselsky ist eine Geschichte des Existenzkampfes“, gesteht Weselsky dieser Tage im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ ein. Doch er macht auch stets klar, dass er vor allem für die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner kämpft. Und für die setzt er im Frühjahr nach einem monatelangen harten Tarifkampf mit langen Streiks mehr Geld und eine schrittweise Absenkung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden durch.

„Die GDL hat ihre Arbeit gemacht, und der Vorsitzende setzt sich jetzt ein bisschen zur Ruhe“, bemerkt Weselsky dazu im „Tagesspiegel“-Interview. Und macht zugleich klar, dass die Nation noch von ihm hören wird. „Ich werde mich in jedem Fall weiter zur Deutschen Bahn und dem Versagen des Vorstands äußern.“

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