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Tsunamis, Glutlawinen, Ascheregen: Der Supervulkan in den Phlegräischen Feldern könnte jederzeit ausbrechen. Statistisch gesehen ist eine Eruption sogar fällig. Sie hätte verheerende Auswirkungen – in Italien, aber auch global.

Kilometerhohe Aschewolken verdunkeln den Himmel, glühende Lavaströme bahnen sich ihren zerstörerischen Weg und eine Schockwelle rast über das Land. Was nach einem Szenario aus einem Katastrophenfilm klingt, ist eine reale Bedrohung – falls es zu einem Ausbruch in den Phlegräischen Feldern kommt.

Der Supervulkan bei Neapel bedroht nicht nur Italien. Ein Ausbruch könnte ganz Europa mit Asche bedecken. Aber wie realistisch ist ein solches Szenario? Wie groß ist die Gefahr tatsächlich? Und vor allem: Gibt es Frühwarnsysteme, die rechtzeitig auf eine drohende Eruption hinweisen könnten? Darüber hat t-online mit dem angesehenen Geologen und Vulkanismus-Experten Ulrich Schreiber gesprochen.

t-online: Was genau sind die Phlegräischen Felder?

Schreiber: Die Phlegräischen Felder sind ein gewaltiges vulkanisches System. Im Gegensatz zum Vesuv, der als einzelner Vulkan aufragt, handelt es sich hierbei um eine riesige Caldera – also eine eingestürzte Magmakammer –, die durch mehrere gigantische Ausbrüche in den letzten 39.000 Jahren entstanden ist. Ursprünglich ging man von zwei großen Ausbrüchen aus, aber inzwischen hat die Forschung Hinweise auf einen dritten gefunden. Die Caldera hat einen Durchmesser von etwa 15 Kilometern und liegt teilweise unter Wasser im Golf von Pozzuoli.

Das Gebiet ist hochaktiv: Heiße Gasquellen, Schwefeldämpfe und Fumarolen zeugen von der brodelnden Magmakammer darunter. Der letzte Ausbruch war 1538 – doch wenn es erneut zu einer großen Eruption kommt, hätte das dramatische Folgen für die dicht besiedelte Küstenregion.

Was macht einen Vulkan zu einem Supervulkan?

Die Einstufung eines Vulkans als Supervulkan basiert auf dem sogenannten Vulkanexplosivitätsindex (VEI). Ein Supervulkan erreicht mindestens einen VEI-Wert von 7 oder höher, was bedeutet, dass er enorme Mengen an Material ausstößt – im Bereich von Hunderten von Kubikkilometern. Die Phlegräischen Felder gehören zu dieser Kategorie, da sie bei vergangenen Ausbrüchen gewaltige Mengen an Magma und Asche freigesetzt haben.

Wie würde ein Ausbruch seinen Anfang nehmen?

Zunächst würde es mit zunehmenden Erdbeben beginnen. Diese würden darauf hindeuten, dass Magma in Richtung Erdoberfläche steigt. Kommt es zu einem ersten, durchgehenden Riss in der Erdkruste, könnte eine Initialeruption erfolgen, die eine riesige Explosion auslöst. Anschließend fänden über Wochen immer wieder gewaltige Eruptionen statt. Besonders gefährlich ist, dass ein Teil des Vulkangebiets unter Wasser liegt. Wenn heißes Magma auf Meerwasser trifft, kommt es zu einer gewaltigen Wasserdampfexplosion.

Phlegräische Felder und Neapel: Die gefährliche Nähe zum Supervulkan bedroht Millionen Menschen. (Quelle: t-online)

Was wäre die direkte Folge?

Eine riesige Tsunamiwelle würde das gesamte Mittelmeer erfassen. Die Küstenstädte wären in Minuten von meterhohen Wellen überschwemmt. Doch das ist nur der Anfang.
Der eigentliche Ausbruch würde Unmengen an Asche, Gestein und Gasen in die Atmosphäre schleudern. Eine Eruptionssäule könnte bis in die Stratosphäre reichen. Das bedeutet nicht nur, dass der Großteil des Mittelmeerraums mit meterhoher Asche bedeckt wäre, sondern dass es weltweit zu Temperaturstürzen kommt, weil Sonnenlicht blockiert wird.

Besonders verheerend sind pyroklastische Ströme. Das sind Glutlawinen aus Asche und Gasen, die sich aus der aufsteigenden Eruptionssäule herauslösen und mit Hunderten Kilometern pro Stunde auf den Boden zurasen. Neapel und umliegende Gebiete wären in Minuten ausgelöscht. Diese Ströme könnten über das Meer hinweg sogar entfernte Küsten erreichen.

Was wäre bei einem Ausbruch der Phlegräischen Felder das schlimmste Szenario?

Anders als ein klassischer Vulkankegel, bei dem Lava aus einem zentralen Krater austritt, ist eine Caldera eine riesige Einbruchstruktur. Im Untergrund befindet sich eine große Magmakammer, die von einer instabilen Kruste bedeckt ist. Wenn sich der Druck in der Kammer verändert – etwa durch den Abfluss oder Ausstoß von Magma bei einer Eruption – kann dieser Deckel einstürzen. Dabei sinken große Gesteinsmassen in die Tiefe und üben weiter Druck auf das restliche Magma aus.

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