In der Maskenaffäre ist Jens Spahn in Bedrängnis geraten. Besonders eine Grünen-Politikerin setzt den Ex-Gesundheitsminister unter Druck. Was motiviert die Ärztin aus dem Osten?

Paula Piechotta wirkt aufgebracht. „Die Menschen in diesem Land bekommen das Gefühl: Die Kleinen hängt man, und die Großen lässt man laufen“, ruft die Bundestagsabgeordnete der Grünen ins Plenum. Sie spricht über die Corona-Pandemie – und alles, was damals falsch gelaufen ist. Und ganz konkret: über Jens Spahn (CDU).

Piechotta wirft dem damaligen Gesundheitsminister vor, bei der Beschaffung von Schutzmasken in der Corona-Krise umstrittene Verträge zu hohen Preisen abgeschlossen zu haben. Daraus drohen dem Staat nun Risiken in Milliardenhöhe. Der heutige Unionsfraktionschef Spahn wehrte sich und sah die meisten Vorwürfe gegen sich nach einer Ausschussbefragung im Bundestag entkräftet.

Haushaltsexpertin Piechotta stützt ihre Vorwürfe maßgeblich auf einen Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof (SPD). Diese kam unter anderem zu dem Ergebnis, dass Spahn damals „gegen den Rat seiner Fachabteilungen“ in großem Umfang in die Schutzmasken-Beschaffung eingestiegen war.

Dass Sudhofs Bericht überhaupt öffentlich wurde – wenn auch zunächst nur mir Schwärzungen -, ist auch Piechotta zu verdanken. In den vergangenen Wochen ist sie gewissermaßen zum Gesicht der Aufklärung in der Affäre geworden – und treibt Spahn vor sich her. Wer ist die Grünen-Politikerin?

Piechotta ist Ärztin für Radiologie und sitzt seit 2021 für die Grünen im Bundestag. Die 38-Jährige stammt aus Gera in Thüringen und lebt heute in Leipzig. Dort arbeitet sie eigenen Angaben nach auch heute noch zwei Tage im Monat in einer Klinik. Wenn man Piechotta fragt, was sie in der Maskenaffäre antreibt, beginnt sie von ihrer Arbeit als Ärztin während der Pandemie zu erzählen. Damals seien in der Klinik Masken oder Desinfektionsmittel „weg gestohlen“ worden. Mit Blick auf die dramatische Corona-Situation damals in Italien sagt sie im Gespräch mit t-online: „Es war auch wirklich eine Zeit, in der wir jeden Tag Angst hatten.“

Naheliegend ist es, dass Piechotta sich auch als Abgeordnete dem Thema Gesundheit widmet. Im Haushaltsausschuss hat sie unter anderem den Etat des Gesundheitsministeriums im Blick. An die Zeit im vergangenen Sommer, als Sudhof ihre Arbeit als Sonderbeauftragte aufnahm, erinnert sich Piechotta noch gut: „Das war so, als ob jemand mal den Stein hochhebt und darunter kommen Tausende von Asseln und Ameisen zum Vorschein.“ Die Grünen-Politikerin moniert, dass die Prozesse mit Maskenhändlern den Steuerzahler viel Geld kosteten – Geld, das auch sinnvoller hätte verwendet werden können.



Das war so, als ob jemand mal den Stein hochhebt und darunter kommen Tausende von Asseln und Ameisen zum Vorschein.


Paula Piechotta


Mittelfristig gehe es ihr aber auch darum, dass sich eine Situation wie damals nicht wiederhole. „Damals in der Krise gingen alle Schotten auf“, sagt sie. Viele Dinge seien intransparent gelaufen. Klar ist, wen sie dafür in der Verantwortung sieht: Spahn. „Wenn wir das nicht so aufarbeiten, dass klar ist: ‚Ein Minister, der über ein Haus wacht, das so agiert in der Krise, der wird hinterher politisch nicht mehr auf den grünen Zweig kommen‘, wird es in der nächsten Krise wieder so sein“, mahnt sie.

Generell fasst sie den Ex-Gesundheitsminister nicht mit Samthandschuhen an – und das nicht erst seit gestern. Bereits vergangenes Jahr gerieten die beiden im Plenum aneinander. Piechotta warf Spahn mit Blick auf die Maskengeschäfte verheerende Steuergeldvergeudung vor und wurde auch persönlich. „Man könnte anfangen zu erzählen, wie viele Villen für Jens Spahn in Dahlem man mit diesem Geld hätte kaufen können.“ Spahn wollte das nicht auf sich sitzen lassen, warf Piechotta und anderen „Maßlosigkeit“ vor und sprach an ihre Adresse gerichtet von „Verschwörungstheorien“ und „Mutmaßungen“. Aktuell spricht der Vorsitzende der Unionsfraktion von „Verleumdung“.

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