Schweden wütend auf Deutschland

Strompreis reißt Rekord – ist die „Dunkelflaute“ Schuld?


13.12.2024 – 16:36 UhrLesedauer: 3 Min.

Ein Windpark (Archivbild): Bei einer „Dunkelflaute“ produzieren sie kaum Strom. (Quelle: Christian Charisius/dpa/dpa-bilder)

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Nicht nur die schwedische Energieministerin ist wütend: Der Strompreis hat am Donnerstag einen Rekord gerissen. Schuld ist diesmal auch die „Dunkelflaute“. Aber was ist das überhaupt?

Es war ein zweifelhafter Rekord: 936 Euro kostete eine Megawattstunde Strom am Donnerstagabend zwischen 17 und 18 Uhr an der Börse – mehr als auf dem Höhepunkt der Energiekrise 2022. Zwar hielt der Rekordpreis nur für eine Stunde, aber in den vergangenen Wochen waren die Börsenstrompreise mehrfach ungewöhnlich hoch.

Sogar die schwedische Energieministerin Ebba Busch hat sich auf X über die rasant gestiegenen Strompreise empört – und Deutschland eine Mitschuld gegeben.

Schuld an den Preisspitzen ist dieses Mal die sogenannte „Dunkelflaute“. Nur was steckt hinter dem Begriff? Was bedeuten die Preisschwankungen für die deutschen Verbraucher? Und trifft der Vorwurf der schwedischen Ministerin zu? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Die „Dunkelflaute“ beschreibt ein Worst-Case-Szenario für erneuerbare Energien: Es scheint keine Sonne und es weht kein Wind. Es werden also weder Solar- noch Windenergie produziert. Auch wenn die Erneuerbaren an guten Tagen beinahe den ganzen deutschen Strombedarf decken können, gibt es damit Szenarien, in denen sie fast gar nichts liefern.

Der deutsche Begriff für das Horror-Szenario hat dabei eine ziemliche Karriere hingelegt: Selbst im englischsprachigen Raum verwenden Experten das Wort „Dunkelflaute“ für das Phänomen.

Dunkelflaute bedeutet noch lange nicht, dass Deutschland kurz vor einem Stromausfall steht. Der Strombedarf wird einfach auf anderen Wegen gedeckt. Zum einen importiert Deutschland dafür Strom aus dem EU-Ausland. Das ist ein normales Vorgehen, denn der Strommarkt ist ein europäischer: Strom wird dort eingekauft, wo er am günstigsten ist.

Zudem werden in Deutschland schnell aktivierbare Energiequellen dazugeschaltet. Das sind im Idealfall vor allem Gaskraftwerke, aber auch Kohlekraftwerke können hochgefahren werden.

Auch ohne Blackout gibt es aber eine unangenehme Folge der Dunkelflaute: Der Strompreis kann für kurze Zeit in die Höhe schnellen.

Der Strompreis wird jeden Tag an der europäischen Strombörse durch den sogenannten Day-Ahead-Handel für den folgenden Tag bestimmt. Zusätzlich gibt es an der Börse auch den Intra-Day-Handel: Hier kann am jeweiligen Tag der fehlende Strom nachgekauft werden. Da sich die Preise hier auf kurze Zeiträume beziehen, sind Schwankungen bei Angebot und Nachfrage sofort bemerkbar.

  • So kann man über den dynamischen Strompreis bares Geld sparen

Gleichzeitig hat der deutsche Strommarkt noch eine weitere Besonderheit. Nach der „Merit Order“ wird festgelegt, welche Anlagen den Strom in das deutsche Netz einspeisen dürfen. Das Ordnungsprinzip ist dabei einfach: Die Kraftwerke werden dem Preis nach sortiert, die günstigsten zuerst. Der Strompreis wird dann durch den Preis des letzten Kraftwerks bestimmt, das benötigt wird, um den Bedarf zu decken.

Private Verbraucher bemerken Preisspitzen in der Regel nicht. Der Großteil der Deutschen hat Stromtarife, bei denen der Preis für einen längeren Zeitraum festgelegt ist – die Preisspitzen werden also von den Stromanbietern getragen. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass bei einem besonders niedrigen Preis die Einsparungen nicht an die Verbraucher weitergegeben werden.

In der Wirtschaft sieht es allerdings anders aus. Vor allem Unternehmen mit einem hohen Energieverbrauch kaufen Strom kurzfristiger und direkter, und bekommen damit auch Preisspitzen zu spüren.

Strom wird auf einem europäischen Markt gehandelt. Bei Energieknappheit, aber auch bei besonders günstigen Preisen, wird er deshalb aus anderen EU-Staaten importiert. Für Schweden ist dabei wegen der geografischen Nähe Norddeutschland ein wichtiger Exporteur.

Grund für Ebba Buschs Wut ist dabei aber nicht, wie Deutschland seinen Strom produziert, erklärt unter anderem watson.de. Sie kritisiert Deutschland vor allem dafür, dass es für das gesamte Land nur einen Strompreis gibt. Das bedeutet: Wenn in Süddeutschland keine Sonne scheint, wird der Strom auch in Norddeutschland teuer. Und wenn der Preis in Deutschland steigt, muss auch Schweden dafür mehr zahlen. Umgekehrt profitieren allerdings beide Staaten auch voneinander, wenn Strom hier oder dort günstig ist.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte für den Fall der „Dunkelflauten“ eigentlich geplant, mehr Gaskraftwerke bauen zu lassen, die später auch mit Wasserstoff CO2-neutral betrieben werden können. Der Vorteil solcher Kraftwerke ist, dass sie sehr schnell hoch- und wieder heruntergefahren werden können und so bei einer „Dunkelflaute“ einspringen können. Und das schneller als Kohlekraftwerke oder Atomkraftwerke, die eher für die Erzeugung der Grundlast im Stromnetz vorgesehen sind.

Allerdings rechnen sie sich eher nicht für die Energiekonzerne, weil sie eben nur im Notfall für kurze Zeit laufen sollen. Deshalb wollte Habeck sie eigentlich mit Steuergeldern fördern. Doch durch das Ampel-Aus wird daraus nun erst einmal nichts.

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