Digitale Kontrolle

Chef liest mit: So weit darf Mitarbeiterüberwachung gehen


Aktualisiert am 17.10.2024 – 09:27 UhrLesedauer: 4 Min.

Chef kontrolliert die E-Mail seiner Mitarbeiterin (Symbolbild): Was darf der Chef kontrollieren und was ist nicht erlaubt? (Quelle: NazariyKarkhut)

Mit spezieller Software können Chefs das Arbeitsverhalten ihrer Mitarbeiter überwachen. Doch viele Methoden sind rechtlich fragwürdig. So viel Kontrolle ist erlaubt.

Beim privaten Surfen im Internet am Arbeitsplatz erwischt? Zu früh vom PC abgemeldet und die Mittagspause mal wieder überzogen? Vorsicht, denn der Chef könnte mithören und mitlesen. Aber darf er das überhaupt?

In einer Welt, in der Technologie immer tiefer in unser Arbeitsleben eindringt, stellt sich eine brisante Frage: Wie weit darf die digitale Überwachung am Arbeitsplatz gehen? Arbeitgeber argumentieren mit Effizienzsteigerung und Sicherheit, Arbeitnehmer fürchten um ihre Privatsphäre und Autonomie.

Doch Gesetzgeber und Gerichte haben klare Grenzen gezogen, wie weit die Überwachung am Arbeitsplatz gehen darf. Wir zeigen, was erlaubt ist und was nicht.

Es mag verständlich sein, dass Vorgesetzte wissen wollen, wenn jemand ständig zu spät kommt, seine Pausen überzieht oder während der Arbeitszeit im Internet shoppt. Denn wenn die Arbeitszeit ineffektiv genutzt wird, schadet das in der Regel dem Unternehmen – und damit allen Beschäftigten.

Ein generelles, ausdrückliches Recht zur Überwachung der Mitarbeiter gibt es allerdings nicht. Grundsätzlich gilt: Bei der Überwachung von Mitarbeitern ist alles erlaubt, was nicht in Persönlichkeitsrechte eingreift oder gegen Datenschutzbestimmungen verstößt. Außerdem darf überwacht werden, wenn Beschäftigte eingewilligt haben und ein etwaiger Betriebsrat zugestimmt hat.

Ein besonderer Fall ist die E-Mail-Überwachung am Arbeitsplatz. Diese fällt in den Bereich des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Sofern ein Arbeitgeber seinen Angestellten ausdrücklich die Privatnutzung des dienstlichen E-Mail-Accounts gestattet, gilt er als Anbieter von Telekommunikationsdiensten und hat das Telekommunikationsgeheimnis gemäß § 88 des TKG zu wahren (Az. 7 U 521/21).

In diesem Fall ist eine E-Mail-Kontrolle durch den Arbeitgeber nicht erlaubt. Bei einem Verstoß kann der Mitarbeiter Anzeige erstatten, da sich der Arbeitgeber unter Umständen nach § 206 des Strafgesetzbuchs (StGB) strafbar machen würde.

Auch wenn die private Nutzung der Betriebs-E-Mail nicht gestattet ist, gibt das dem Chef nicht automatisch das Recht, eine PC-Überwachung durchzuführen. Wer nach Belieben und ohne Zustimmung fremde E-Mails liest, verstößt gegen das Datenschutzgesetz – unabhängig davon, ob es sich um den Chef handelt oder nicht.

Ist die private Nutzung des E-Mail-Accounts im Arbeitsvertrag ausdrücklich ausgeschlossen, hat der Arbeitgeber grundsätzlich weitergehende Kontrollbefugnisse als bei erlaubter Privatnutzung. Ein uneingeschränkter Zugriff auf die E-Mails des Arbeitnehmers ist damit jedoch nicht verbunden.

Um die Einhaltung des Privatnutzungsverbots zu prüfen, ist der Arbeitgeber zu stichprobenartigen Kontrollen berechtigt. Auch bei begründetem Verdacht auf Missbrauch oder grobe Vertragsverletzung darf der E-Mail-Account überprüft werden. Bestimmte Kontrollen können nötig sein, um einen ordnungsgemäßen Betriebsauflauf aufrechtzuerhalten.

Eine dauerhafte, systematische Überwachung von E-Mails ist in der Regel nicht zulässig, da dies sowohl gegen Persönlichkeitsrechte als auch gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen würde. Jede Kontrollmaßnahme muss verhältnismäßig sein.

Arbeitgeber müssen die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter dokumentieren. Dazu zählen Beginn, Dauer und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie Überstunden und Pausen. Laut Arbeitszeitgesetz ist keine spezifische Form der Zeiterfassung vorgeschrieben. Ob handschriftlich oder digital – die Wahl liegt beim Arbeitgeber.

Die Zeiterfassung kann deshalb auch mittels Log-in-Daten auf dem Arbeits-PC erfolgen. Die Protokollierung der Netzwerk-Anmeldungen mit dem PC ist ebenfalls erlaubt. Da hierbei lediglich nachvollzogen werden kann, dass ein Mitarbeiter seinen Computer nutzt, jedoch nicht wofür, liegt keine gezielte Überwachung des Angestellten vor. Eine Zustimmung des Betriebs- oder Personalrats ist in diesem Fall nicht erforderlich.

Im Arbeitsvertrag kann festgelegt werden, dass die private Internetnutzung auf dem betrieblichen Computer verboten ist. In diesem Fall darf der Arbeitgeber den Browserverlauf eines Angestellten auswerten – allerdings nur, wenn der konkrete Verdacht besteht, dass jemand gegen die Regeln im Vertrag verstößt.

Ein Verdacht auf private Internetnutzung am Arbeitsplatz trotz Verbots muss auf konkreten Tatsachen beruhen, nicht nur auf Vermutungen. Anhaltspunkte können sein:

  • auffällig hoher Datenverkehr oder Internetnutzung
  • häufige Besuche offensichtlich privater Internetseiten während der Arbeitszeit
  • deutlich verminderte Arbeitsleistung im Zusammenhang mit erhöhter Internetnutzung

Der Verdacht muss sich auf einen bestimmten Mitarbeiter oder eine klar abgrenzbare Gruppe von Mitarbeitern beziehen und darf nicht pauschal auf viele zutreffen. Außerdem reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber ein „ungutes Gefühl“ hat. Der Verdacht muss sich auf konkrete Beobachtungen oder Tatsachen stützen. Gelegentliches kurzes privates Surfen begründet keinen Verdacht. Der Verdacht muss zudem dokumentiert und begründet werden können, bevor der Arbeitgeber überhaupt Überwachungsmaßnahmen einleiten darf.

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