Neue Details in Fördergeldaffäre

Chatnachrichten setzen Stark-Watzinger unter Druck

Aktualisiert am 14.09.2024 – 23:56 UhrLesedauer: 3 Min.

Bettina Stark-Watzinger (FDP): Rund um die Fördergeldaffäre gab es auch Rücktrittsforderungen an die Bildungsministerin. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa/dpa-bilder)

Keine Fördermittel mehr für pro-palästinensische Wissenschaftler? Die sogenannte Fördergeldaffäre brachte die Bildungsministerin in die Bredouille. Nun gibt es neue Details.

Eine E-Mail könnte für Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger zum Problem werden: Die im Mai geschasste Staatssekretärin Sabine Döring hat mit einem Schreiben darum gebeten, gewisse Chatnachrichten den Akten hinzuzufügen. Das berichtete zuerst die „Tagesschau“. Es handelt sich demnach um ministeriumsinterne Nachrichten auf dem Dienst „Wire“.

Der Inhalt könnte dabei heikel sein. Denn in den Nachrichten geht es laut dem Bericht auch um den Umgang mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich in einem offenen Brief gegen die Polizeieinsätze an Berliner Hochschulen infolge von pro-palästinensischen Protesten im Mai ausgesprochen hatten.

Daraufhin hatte das Ministerium geprüft, ob ihnen möglicherweise staatliche Fördergelder gestrichen werden könnten. Dieser Vorgang wurde im Nachgang heftig öffentlich kritisiert; Kritiker sahen darin eine Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit. Nun ist die Frage: Wann hat die Ministerin von dem Vorgang gewusst? Und: War abgestimmt, wie die Staatssekretärin geschasst werden sollte?

In der Folge der „Fördergeldaffäre“ musste Döring gehen und verabschiedete sich mit der Begründung, sie habe sich „missverständlich ausgedrückt“. Doch auch an Stark-Watzinger ging die mittlerweile „Fördergeldaffäre“ genannte Episode nicht spurlos vorbei. Im Juni wurde sie bereits im Bildungsausschuss und im Bundestag dazu befragt; am Dienstag dieser Woche musste sie sich erneut den Fragen der Abgeordneten stellen.

Doch Döring will die Affäre wohl auch nicht ruhen lassen. Die nun übermittelten Nachrichten umfassen Chatbeiträge vom 9. Mai bis zum 14. Juni 2024 aus zwei unterschiedlichen Chatgruppen, der „BMBF-Kommunikation“ und der „F-Runde BMBF“. Mitglieder sind Ministeriumsmitarbeiter, es geht vor allem um dienstliche Themen, Privates kommt laut „Tagesschau“ nur am Rande vor.

Zum offenen Brief schreibt darin etwa der Leiter der Kommunikation im Bildungsministerium, es ginge „denen nicht um ‚Wissenschaftsfreiheit‘, sondern um eine politisch bis radikale Haltung, die wir bekämpfen.“ Seine Empfehlung sei, eher „offensiv“ vorzugehen, zitiert die „Tagesschau“ aus den Chats.

Roland Philippi, der jetzige Nachfolger von Döring, antwortete darauf mit der bereits im „Spiegel“ veröffentlichten Äußerung: „Persönliche Meinung: Wenn sich dadurch eine Art informelle, ‚freiwillige‘ und selbst auferlegte Antisemitismus-Klausel für unsere Förderung bei so manchen, verwirrten Gestalten etabliert (beispielsweise einen solchen Aufruf nun mal eben nicht zu unterzeichnen wg. Sorge um die Förderung), dann hätte ich jetzt ad hoc nichts dagegen…“.

Döring schrieb daraufhin: „Meine Vermutung ist, dass mit Blick auf Wissenschaftsfreiheit rechtlich eine Lücke besteht. Ich gehe dem mal nach.“ Das kann wohl als Prüfauftrag, aber nicht unbedingt als förderrechtliche Prüfung verstanden werden. Als ein Abteilungsleiter am Telefon von einer zuwendungsrechtlichen Prüfung gesprochen hatte, habe Döring die sofortige Einstellung der Prüfungshandlungen angeordnet, wie sie in ihrem Ergebnisvermerk notiert, der der „Tagesschau“ ebenfalls vorliegt.

Laut dem Bericht schrieb Stark-Watzinger am 13. Mai dass ihr einige Sätze im offenen Brief zu weit gingen. Staatsekretär Jens Brandenburg fragte, ob er die Fraktion darauf ansetzen solle, dagegen zu halten. Ministerin Stark-Watzinger antwortete auf den Vorschlag: „Ja, fände ich gut.“

Hintergrund für Dörings Bitte um Veraktung der Nachrichten ist wohl eine Aussage von Stark-Watzinger bei der Sondersitzung des Bildungsausschusses am vergangenen Dienstag. Dabei sagte sie, dass Amtsträger zwar ein Recht auf private Kommunikation hätten, aber sollten sich daraus „etwas dienstlich ableiten, dann wird das veraktet“. Genau diese Argumentation bringt Döring nun vor: Die Nachrichten seien relevant für ihren eigenen Fall. Bisher hatte das Ministerium die Herausgabe mit der Begründung verweigert, dass es sich um private Kommunikation gehandelt habe.

Die Veröffentlichung stellt somit einige frühere Angaben von Stark-Watzinger infrage: Es handelte sich wohl nicht um vorrangig private Kommunikation. Auch der Inhalt von Dörings Entschuldigungsmail wurde wohl in zentralen Passagen abgestimmt, wie Änderungsvorschläge der Kommunikationsleitung im Chat belegen. Und selbst der Zeitpunkt an dem Stark-Watzinger von einem Prüfauftrag erfahren haben will, wackelt.

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