Bewährungsprobe für CDU-Chef Merz: Er stellt sich beim Bundesparteitag in Berlin zur Wiederwahl. In seiner Rede davor dürfte er die Union auf das wichtige Wahljahr 2024 einschwören.

Tag der Wahrheit für Friedrich Merz: Mit einer Rede des Parteichefs startet die CDU heute in ihren Bundesparteitag. Die 1001 Delegierten wollen auf dem dreitägigen Konvent die Parteiführung neu wählen, ein neues Grundsatzprogramm diskutieren und den Startschuss für den Europawahlkampf geben.

Bei dem Parteitag unter dem Motto „Zukunft gemeinsam gewinnen“ wollen sich die Christdemokraten fünf Wochen vor der Europawahl als Gegenmodell zur Ampel-Koalition präsentieren. Für Aufsehen hatte unmittelbar vor Beginn des dreitägigen Treffens ein Vorstoß des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther gesorgt, die CDU solle sich wieder mehr an der Politik der früheren CDU-Vorsitzenden und Kanzlerin Angela Merkel orientieren. Generalsekretär Carsten Linnemann erwartet eine kontroverse Debatte am ehesten über das Thema Wehrpflicht und Gesellschaftsjahr.

Möglicherweise auch um das Streitpotenzial von vorneherein gering zu halten, hatte Merz schon gestern Abend vor Journalisten erklärt, es werde keinen internen Streit auf dem Parteitag geben: „Wir streiten nicht und sie werden von uns keinen Streit hören, keinen Streit sehen, sondern sie werden eine sehr geschlossene Partei CDU Deutschland sehen.“ Er erwarte, dass es ein großes Maß an Geschlossenheit gebe in der Partei und auch ein Signal des Aufbruchs.

Neuwahl der Parteiführung

Im Mittelpunkt des ersten Tages des Delegiertentreffens in Berlin steht heute die erste Wiederwahl des 68 Jahre alten Sauerländers Merz, der auch Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag ist.

Sein Ergebnis wird mit besonderer Spannung erwartet. Er war 2022 erst im dritten Anlauf zum Nachfolger von Angela Merkel gewählt worden, die die Partei bis 2018 geführt hatte. Zunächst scheiterte er gegen Annegret Kramp-Karrenbauer und später gegen Armin Laschet. Die Neuwahl des Bundesvorstands steht turnusgemäß alle zwei Jahre an.

Merz gilt in der Union derzeit als weitgehend unangefochten. In der Partei wird damit gerechnet, dass die Delegierten vor den Wahlen in Europa und in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September Einigkeit demonstrieren und ihn mit einem starken Ergebnis wählen werden. Vor zwei Jahren hatte er bei einem digitalen Parteitag und bei der anschließenden, rechtlich notwendigen Briefwahl jeweils deutlich mehr als 90 Prozent bekommen.

NRW-Ministerpräsident und CDU-Landeschef Hendrik Wüst sicherte Merz die geschlossene Unterstützung der Delegierten aus Nordrhein-Westfalen zu. „Friedrich Merz kann sich bei seiner Wiederwahl als Parteivorsitzender auf eine geschlossene Unterstützung aus der Heimat verlassen“, sagte er nach Angaben von Teilnehmern am Rande eines Treffens der NRW-Delegierten. Merz habe es geschafft, der Union nach der verlorenen Bundestagswahl 2021 Stabilität zu geben. Die NRW-CDU stellt knapp ein Drittel – 305 – der 1001 Delegierten.

Richtung der CDU

Schleswig-Holsteins Regierungschef Günther zettelte vor Beginn des Parteitags eine kleine Richtungsdebatte an. „Viele, die unter Merkel CDU gewählt haben, erreichen wir im Moment nicht – aber sie sind nicht unerreichbar“, sagte der CDU-Mann den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Es gebe viele unzufriedene Grünen-Wähler, die wechselbereit wären. „Angela Merkels Kurs der Mitte war ihr Erfolgsrezept.“ Die Ampel habe in der Bevölkerung einen miserablen Ruf. „In einer solchen Lage müsste die Union eigentlich besser dastehen als im Moment.“ In bundesweiten Umfragen erzielt die Union etwa 29 bis 32,5 Prozent. Bei der Wahl 2021 hatte sie nur 24,1 Prozent erreicht.

Merz reagierte darauf gelassen. In der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ sagte er, die Frage, die Günther thematisiert habe, werde von allen in der Union gemeinsam geführt. „Wir ringen um Mehrheiten und wir versuchen, ein Wählerpotenzial zu erreichen und auszuschöpfen, das sich grundsätzlich vorstellen kann, die CDU und in Bayern die CSU zu wählen.“ Da sei man ganz gut vorangekommen, aber noch nicht da, wo man sein wolle.

Generalsekretär Linnemann betonte nach den Beratungen von Bundesvorstand und Präsidium der CDU: „Dass Daniel Günther an der einen oder anderen Stelle sagt, er könnte sich vielleicht hier und da auch einen anderen Kurs vorstellen, ist doch völlig legitim. Deswegen treffen wir uns doch jetzt auf dem Bundesparteitag.“

Grüne als mögliche Koalitionspartner

Linnemann sagte der „Bild am Sonntag“, grundsätzlich müsse die CDU zwar mit allen können, aber: „Mit diesen Grünen hätte es nie einen Koalitionsvertrag mit der CDU gegeben. Sie verunsichern einfach das komplette Land.“ Merz hat dagegen nicht ausgeschlossen, nach der nächsten Bundestagswahl auch mit den Grünen Gespräche über eine Koalition zu führen – anders als CSU-Chef Markus Söder.

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