Eine Reihe von Angriffen auf Politikerinnen und Politiker ruft die Innenminister von Bund und Ländern auf den Plan. Muss das Strafrecht verschärft werden? Der Bundesjustizminister ist skeptisch.

Mit härteren Strafen lässt sich die zunehmende Aggression gegen Politiker nach Überzeugung von Bundesjustizminister Marco Buschmann nicht eindämmen. „Der Versuch, das gesellschaftliche Problem einer allgemeinen Verrohung der politischen Auseinandersetzung mit dem Strafrecht allein zu lösen, wird scheitern“, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Er sei gleichwohl bereit, sich Vorschläge der Länder zum Strafrecht anzusehen.

Die Innenminister von Bund und Ländern hatten sich nach dem brutalen Angriff auf den sächsischen SPD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Matthias Ecke, am Dienstag zu einer Video-Konferenz getroffen. In einem gemeinsamen Beschluss bat die Innenministerkonferenz die Justizminister, möglichst bald zu prüfen, ob „das spezifische Unrecht, das in dem demokratiegefährdenden Umstand solcher Angriffe zu sehen ist“ im Strafrecht heute schon ausreichend abgebildet sei.

Geprüft werden solle auch, ob „die bewusste Verbreitung von Desinformationen mit dem Ziel der Wahlbeeinflussung oder Gewalteskalation strafwürdiges Unrecht darstellen“.

Neuer Straftatbestand „politisches Stalking“?

Zuletzt hatten sich Angriffe auf Politiker gehäuft. Vergangenen Freitag war Ecke in Dresden beim Plakatieren krankenhausreif geschlagen worden. Am Dienstag hatte ein Mann die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) mit einem Beutel, in dem sich ein harter Gegenstand befand, geschlagen und leicht verletzt. Die Grünen-Spitzenkandidatin für den Stadtrat, Yvonne Mosler, wurde beim Aufhängen von Wahlplakaten in Dresden angerempelt und bedroht. Zwei AfD-Landtagsabgeordnete wurden in Stuttgart am Mittwoch laut Polizei von mutmaßlichen Gegnern der Partei verbal und körperlich attackiert.

Sachsen will einen Gesetzentwurf in den Bundesrat einbringen, der einen neuen Straftatbestand vorsieht. Demnach soll die Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern durch sogenanntes politisches Stalking geahndet werden. Dabei geht es um Bedrohungssituationen wie etwa aggressive Aufmärsche vor dem Wohnhaus eines Bürgermeisters.

Der Wortlaut der Vorschläge aus Sachsen liege ihm noch nicht vor, sagte Buschmann. Grundsätzlich müsse das Strafrecht besonderen Anforderungen genügen. „Das heißt, wir können nicht eine unpräzise Formulierung nutzen, die dann möglicherweise auch legitimes Verhalten kriminalisieren würde.“ Auch sei die Versammlungsfreiheit ein hohes Gut. Bürgerinnen und Bürger dürften auch gemeinsam gegenüber einem Politiker Kritik zum Ausdruck bringen. „Das muss man präzise von einer nicht mehr akzeptablen Bedrohungssituation abgrenzen“, betonte der Justizminister.

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