Noch schnell ein paar Gesetze und dann ist die Ampel endgültig Geschichte. Friedrich Merz kann schon mal Kanzler üben, während ihm Markus Söder Steine in den Weg legt.
Heute gleitet das, was wir die Ampel nennen, mit der verlorenen Vertrauensfrage in die Vergangenheit. Sie bescherte uns knapp zwei gute Jahre, denen ein quälendes Jahr folgte. Den Schaden haben alle drei Parteien, die sie bildeten. Ihre Köpfe liegen schon unter der Guillotine, die Wähler in 69 Tagen in Gang setzen werden.
Die SPD glaubt an das Wunder der Auferstehung oder tut so, als ob sie daran glaubte. Wäre Olaf Scholz als Kanzler so geschäftig gewesen wie jetzt als Wahlkämpfer, hätte er keinen beispiellosen Absturz an Popularität erlebt.
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Christian Lindner war eigentlich kein Falschspieler. Was in seiner Absicht lag, ließ sich unschwer erraten – raus bis Jahresende. Auch der Umstand, dass in Parteizentralen allerlei Papiere verfasst werden, die besser nicht das Tageslicht erblicken, ist kein Skandal. Nur was hat Lindner geritten, als er den Styropor-Satz formulierte, er habe das ominöse Ausstiegs-Manifest nicht zur Kenntnis genommen?
Gerhard Spörl interessiert sich seit jeher für weltpolitische Ereignisse und Veränderungen, die natürlich auch Deutschlands Rolle im internationalen Gefüge berühren. Er arbeitete in leitenden Positionen in der „Zeit“ und im „Spiegel“, war zwischendurch Korrespondent in den USA und schreibt heute Bücher, am liebsten über historische Themen.
Die Grünen stürzen vermutlich nicht ins Bodenlose, aber sie stürzen, verglichen mit der Reichweite, die man ihnen zugetraut hatte. Schienen sogar 25 Prozent keine Utopie zu sein? Mutig ist es auch, den nicht zufällig umstrittenen Robert Habeck zum Küchentisch-Kanzlerkandidaten auszurufen.
Alle drei Ampel-Parteien können nur darauf hoffen, dass die Wähler am 23. Februar ihre Bestrafungsphantasien drosseln. Mag ja sein, dass zumindest eine Partei noch gebraucht wird.
Wenn nicht der Blitz einschlägt, heißt der nächste Bundeskanzler Friedrich Merz. Wenn es so kommt, wie es aussieht, geben ihm die Wähler ein solides Mandat für eine Zweier-Koalition. Vermeidet er Fehler und kann sich Markus Söder einigermaßen beherrschen, sind 35 plus x Prozent im Bereich des Möglichen.
Zugleich haben die Parteien, die sich im Unterschied zur AfD die demokratischen nennen, vermutlich die vorerst letzte Gelegenheit, den Durchbruch der Rechten zu stoppen. Schon einmal deshalb muss man Merz Glück wünschen. Scheitert er, könnte Alice Weidel ihre Chance bekommen.
Olaf Scholz studierte Angela Merkel und ahmte sie nach. Er hielt sich, wie wir jetzt wissen, für cool im Abwarten und Abtauchen. Was er für seine Stärke erachtete, erwies sich dummerweise als Schwäche. Friedrich Merz studierte Olaf Scholz und dürfte nunmehr wissen, wie er nicht regieren sollte.
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Das Entscheidende macht Merz schon mal richtig. Da die Union nicht einmal von der absoluten Mehrheit träumt, benötigt sie wie eh und je einen Koalitionspartner. Die FDP fällt aus, selbst wenn sie wider Erwarten in den Bundestag kommen sollte. Bleiben also SPD und Grüne. Warum sollte Merz eine der beiden Parteien von vornherein verschmähen?
Markus Söder ist und bleibt Markus Söder. Die Generalabsage an die Grünen folgt auf die temporäre Vergrünung der CSU – schon vergessen? Damit rollt er Friedrich Merz ein paar Felsbrocken in den Weg, er kann einfach nicht anders und ihm widerstrebt offensichtlich die Aussicht auf einen bemerkenswerten Erfolg der CDU. Merz sollte ihn drohend an seine Sabotage vor drei Jahren erinnern.
Diese Machtspielchen sind mehr denn je unangebracht. Wen wir uns was wünschen dürften, dann würden wir den präsumtiven Bundeskanzler darum bitten, den irrlichternden Halbernst der Ampel nicht fortzusetzen, sondern Prioritäten zu nennen. Beispiel Aufrüstung der Bundeswehr: Will er die Wehrpflicht wieder einführen? Beispiel Ukraine: Will er Taurus-Marschflugkörper liefern? Beispiel Klimapolitik: Wie ernst ist es ihm damit? Beispiel Bürgergeld: Abschaffen oder straffen? Beispiel Wirtschaftsflaute: Was gedenkt er dagegen zu tun? Und schließlich und endlich: Wie hält er es denn nun wirklich mit der Schuldenbremse? Sie ist nicht alles, aber ohne ihre Reform ist vieles nichts.
Heute ist die Ampel Geschichte, auch wenn sie noch das Kindergeld erhöht und die Einkommensteuer senkt. Dann haben unsere armen Seele Ruh bis knapp Mitte Januar. Danach stehen uns sieben Wochen Wahlkampf bevor, in dem zur Abwechslung der Wettbewerb fiktiver Versprechen ausgesetzt werden sollte.
Große Bitte um Ernst, der Lage angemessen.