Nein, das wäre ein erbärmlicher Trick

Es scheint auf der Hand zu liegen: Russland bedroht Europa, also brauchen wir die Wehrpflicht. Das ist aber ein Trugschluss. Zwar sollte die Bundeswehr mehr Personal bekommen, aber dafür brauchen wir keine Wehrpflicht.

Denn dass die Bundeswehr seit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 zu wenig Leute hat, liegt vor allem daran, dass es den Bundesregierungen misslungen ist, die Armee zu einem attraktiven Arbeitgeber zu machen. Bürokratie, verknöcherte Hierarchien und schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie vergraulen junge Bewerber, die lieber in der freien Wirtschaft arbeiten.

Es wäre ein erbärmlicher Trick, diese jungen Leute jetzt mit Androhung von Strafen in die Armee zu zwingen – denn genau das ist eine Wehrpflicht. Obendrein ist es ein veraltetes Modell: Die USA, Frankreich, Großbritannien und Italien, sie alle haben große, schlagkräftige Armeen – ganz ohne Wehrpflicht.

Eine Wehrpflicht würde Geld und Personal binden, das für den Aufbau einer professionellen Berufsarmee nötig wäre. Außerdem könnte der Zwang zur Waffe die Lernbereitschaft junger Soldaten schwächen: Wer zu etwas gezwungen wird, ist meistens weniger engagiert als jemand, der aus freiem Willen oder gar mit Begeisterung lernt und arbeitet.

Schließlich würde sich die Bundeswehr ohne Wehrpflicht viele Probleme ersparen: Kriegsdienstverweigerer, Demonstrationen, Gerichtsprozesse und das Image einer Haftanstalt. Ideen wie der kürzlich beschlossene Veteranentag sind weit sinnvoller: Der Soldatenberuf braucht Wertschätzung – aber auch finanzieller Art. Dann finden sich auch mehr junge Leute, die den Job machen wollen.

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