An der Börse werden große Firmen täglich bewertet und für gut oder schlecht befunden. Zwei alte deutsche Flaggschiffe kennen nur noch eine Richtung.

Haben Sie in den letzten Jahren einmal die Marken Volkswagen oder Lufthansa auf den Prüfstand gestellt? Falls nicht, muss man fast gratulieren. Denn bei Gesprächen mit Lufthansa-Mitarbeitern kommen ähnlich beschämte Aussagen über das Unternehmen zum Vorschein wie bei der Deutschen Bahn. Das Kabinenpersonal fühlt sich peinlich berührt, wenn auf der Kurzstrecke das Wasser gestrichen werden soll oder auf beliebten Strecken wie Frankfurt-Kapstadt alte A340-300 eingesetzt werden und mangels großer Konkurrenz die Preise stattlich ausfallen.

Gleichzeitig fehlt in der Economy-Klasse irgendwann der Gin Tonic, den mancher Lufthanseat als eines von früher vielen Unterscheidungsmerkmalen zu den sogenannten Billigfliegern identifizierte. Dass die Lufthansa darüber hinaus erheblich mit Personalmängeln zu kämpfen hat, liegt an der nahezu absurden Personalpolitik, die viele Airlines im Corona-Jahr 2020 hinlegten. Da wurde der von Angst getriebenen Politik gefolgt, indem Pilotenausbildungen ausgesetzt wurden und sehr viel Personal freigestellt wurde.

Gutes Personal, dem man jetzt hinterherläuft und das an allen Ecken und Enden fehlt. Dass diese vermeintliche Sparpolitik ein Eigentor war, unterstreicht der Aktienkurs. Zwar verdient die Lufthansa wieder Geld, doch hat der Markenwert unglaublich gelitten. Auch, weil die Marke mit ständigen Namenswechseln bei der Tochter Eurowings Discover zu Discover Airlines noch mehr ins Fahrwasser der Billiganbieter gezogen wurde. Als Resultat bleibt für all jene Anleger, die dem ehemaligen Aushängeschild Lufthansa die Treue hielten, ein Aktienkurs, der von 11 Euro im Jahr 2023 auf nur noch 5,50 Euro 2024 gefallen ist.

„Zu 5,50 Euro gab es die Aktie auch zu Corona-Zeiten, allerdings muss man auch immer Kapitalerhöhungen berücksichtigen“, erläutert Jürgen Molnar von RoboMarkets. Bewertet ist die Lufthansa nur noch mit rund 6,5 Milliarden Euro, und im Markenwertportfolio unseres Börsendienstes Feingold Research wäre sie damit ohnehin niemals qualifiziert. Denn um dort dabei zu sein, muss eine Marke nicht nur stark, sondern auch auf dynamischem Weg nach oben sein. „Von beidem ist die Lufthansa weit entfernt, und leider gilt für viele Anleger bei ihr offenbar das alte Motto – never buy airlines – wirklich“, findet Stefan Riße von Acatis.

Doch Lufthansa ist nicht das einzige deutsche Flaggschiff in Schieflage. Auch Volkswagen war einst deutsches Aushängeschild und zählte mit seiner Tochter Audi zum Besten, was man im deutschen Aktienmarkt finden konnte. Übrig geblieben ist die Aktie noch in den Depots vieler Anleger hierzulande, die Performance ist ein reines Desaster.

Für die Schweizer Großbank UBS werden sich die Konsensschätzungen für Europas größtes Automobilunternehmen als zu ehrgeizig erweisen und die Margenprognosen der deutschen Autobauer in Richtung der unteren Enden der Zielspannen bewegen.

Für Mercedes oder Renault ist man optimistischer, während man den Wolfsburgern wenig zutraut. Auch dies passt zu den Erfahrungen von Kunden. Denn nicht nur in China liegen Probleme. Wer in Deutschland seinen VW- oder Audi-Händler aufsucht, wird mittlerweile häufig eher abgefertigt als betreut. Selbst Audi-Fahrer berichten in Foren, dass sie mit ernsthaften Problemen in Notsituationen bei Audi-Zentren weggeschickt werden. Oftmals liegt die Begründung dann darin, dass man personell zu schlecht aufgestellt sei.

Immerhin in diesem Punkt können Lufthansa und die Volkswagen-Gruppe sich die Hand reichen. Für Anleger gilt auch bei VW: Besser im Depot starke Marken von heute als glänzende Marken von gestern einkaufen.

Aktie.
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