Zwei Juristen sehen kartellrechtliche Probleme beim Oktoberfest. Bier darf es nämlich nur von sechs Brauereien geben.

Wenn jetzt das Bier aus den Zapfhähnen beim Oktoberfest strömt, müssen einige bayerische Brauereien zuschauen. Denn ausgeschenkt werden darf nur Gerstensaft von sechs „Münchner Traditionsbrauereien“. Das aber kann ein Gesetzesverstoß sein, meinen Münchner Juristen.

Die Brauereien, die Bier am Oktoberfest ausschenken dürfen, sind die Augustinerbrauerei, die Hacker-Pschorr-Brauerei, Löwenbrauerei, Paulanerbrauerei, Spatenbrauerei und das Staatliche Hofbräuhaus. So ist es in den „Betriebsvorschriften für das Oktoberfest 2024“ festgelegt, die von der Stadt München herausgegeben werden. Die Webseite des Oktoberfestes macht es ebenfalls deutlich: „Nur Bier, das aus einer dieser Münchner Brauereien stammt und den Spezifikationen der geschützten Marke ‚Oktoberfestbier‘ entspricht, darf auf dem Oktoberfest ausgeschenkt werden.“

Widerspruch dagegen hatte schon Prinz Luitpold von Bayern, dessen Vorfahre König Ludwig I. mit seiner Hochzeit die Grundlage des Festes legte, vor Gericht eingelegt – und verloren. „Das Oktoberfest gilt als das ‚Fest des Münchner Bieres‘, es ist deshalb sachgerecht, nur Münchner Bier zum Ausschank zu bringen. […] Wegen des Weltruhmes des Münchner Oktoberfestes wäre ohne Zulassungsbeschränkung zu befürchten, dass die Brauereien der ganzen Welt enorme ‚Eintrittsgelder‘ bezahlen würden, um damit die Ausschankbetriebe zu bewegen, ihr Bier auszuschenken“, hieß es im Urteil (Urt. v. 17.01.1990, Az.1 HKO 18 963/89 Kartell) gegen den Inhaber der König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg. Er gab nicht auf, gründete sogar eine kleine Brauerei in München – ohne Erfolg. Immer wieder stieß er auf Ablehnung.

Jetzt haben sich junge Münchner Juristen das Oktoberfest unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten angeschaut und ihre Analyse in der „Legal Tribune Online“ veröffentlicht. Marcus Thallinger, wissenschaftliche Hilfskraft, und Fabian Vetter, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht in München, sehen den Fall längst nicht gelöst. Für sie ist das Oktoberfest ein „eigener Markt im kartellrechtlichen Sinne“. Schließlich werden dort Milliarden Euro umgesetzt. Damit würde das Kartellrecht greifen und eine Diskriminierung verbieten.

„Der Verkauf an die Wiesnzelte ist für die Brauereien aufgrund des Prestiges nicht mit anderen Abnehmern vergleichbar. Auch hat sich die Preisbildung auf dem Oktoberfest schon lange von der Inflation entkoppelt, „was für einen eigenen Markt spricht“, schreiben sie in ihrer Einschätzung.

Ihr Vorwurf: „Stadt und Festbezieher schotten diesen Markt gegenüber anderen Marktteilnehmern komplett ab und bezwecken damit eine Wettbewerbsbeschränkung“. Dass die Stadt München die Preise für eine Maß Bier auf Angemessenheit prüfe, spreche gegen einen funktionierenden Markt. Dass die Stadt sowohl Genehmigungsbehörde, die öffentliche Hand aber über das Staatliche Hofbräuhaus selbst am Geschäft beteiligt ist, sehen die Juristen als möglichen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.

„In der aktuellen Gestaltung ist der Ausschluss anderer Brauereien unserer Meinung nach kartellrechtswidrig“, schließen die beiden Rechtsexperten. Die Stadt begehe eine „Flucht ins Privatrecht“, vielleicht um einer Auseinandersetzung vor den Verwaltungsgerichten zu entgehen. Sie glauben, dass es auch andere Möglichkeiten gebe, das Fest vor Großbrauereien wie Beck’s und Warsteiner zu schützen. Sie wünschen sich, dass kleinere Münchner Brauereien auch Zugang zum Fest bekommen – und das vielleicht auch Auswirkungen auf die Preise habe. Mittlerweile liegt der Preis in vielen Zelten und Hallen bei 15 Euro pro Maß.

Aktie.
Die mobile Version verlassen