Eine Berufsunfähigkeitsversicherung kann helfen, den gewohnten Lebensstandard zu halten. Worauf Sie achten müssen, wenn Sie eine BU-Rente beantragen.

Ein plötzlicher (Arbeits-)Unfall oder eine schwere Krankheit können Sie aus dem Erwerbsleben reißen. Das Einkommen fällt weg und die Rente ist noch weit entfernt, während der Ratenkredit für die eigene Immobilie, der ETF-Sparplan und die Beiträge für Haftpflicht-, Unfall- und Autoversicherungen weiterlaufen.

Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente, die für jene Menschen vorgesehen ist, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeitsfähig sind, reicht für den gewohnten Lebensstandard selten aus. Sie liegt bei etwa 877 Euro pro Monat. Die Berufsunfähigkeitsversicherung springt ein, wenn der Fall eingetreten ist, dass Sie kein eigenes Einkommen mehr erwirtschaften können – sofern Sie eine abgeschlossen haben.

Was berufsunfähig bedeutet

Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) regelt in § 172, dass bei der Berufsunfähigkeitsversicherung der Versicherer verpflichtet ist, für eine nach Beginn der Versicherung eingetretene Berufsunfähigkeit die vereinbarten Leistungen zu erbringen.

Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf – so, wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgestaltet war – infolge von Krankheit, Körperverletzung oder schlicht altersbedingt ganz oder teilweise nicht mehr ausüben kann – und das voraussichtlich auf Dauer. Lesen Sie hier, was Berufs- von Arbeitsunfähigkeit unterscheidet.

Sind alle Bedingungen erfüllt, zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung die vertraglich vereinbarte monatliche BU-Rente mindestens so lange, bis die gesundheitlich festgestellte Berufsunfähigkeit oder die Vertragslaufzeit endet. In der Regel endet die Vertragslaufzeit bei Eintritt in die gesetzliche Rente.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist ein wichtiger Vorsorgebaustein für den Fall, dass Sie aus gesundheitlichen Gründen Ihren Beruf vorübergehend oder dauerhaft nicht mehr ausüben können. Sie sichert Ihnen ein monatliches Gehalt – die BU-Rente.
  • Je früher Sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, desto besser sind die Konditionen. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollten Sie nur im Notfall kündigen.
  • Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine Risikoversicherung. Ihre Beiträge werden nicht gespart. Nach Ablauf der Versicherungsdauer und ohne Eintreten der Berufsunfähigkeit erhalten Sie kein Geld zurück.
  • Die BU-Rente ersetzt nicht die gesetzliche Rente oder eine private Rentenversicherung (zum Beispiel Riester- oder Rürup-Rente).

Phasen bis zur Auszahlung der BU-Rente

Voraussetzung für die BU-Rente ist, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung mindestens sechs Monate lang besteht und eine Erkrankung eingetreten ist, die ärztlicher Behandlung bedarf. Sollte es sich um eine akute Arbeitsunfähigkeit handeln, erhalten Angestellte sechs Wochen lang eine Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber. Danach springt die Krankenkasse bis zu 72 Wochen lang mit Krankengeld ein.

Resultiert aus einer Arbeitsunfähigkeit eine attestierte Berufsunfähigkeit, die voraussichtlich länger als sechs Monate besteht, gehen Versicherungsgesellschaften in der Regel davon aus, dass sich Ihr Gesundheitszustand absehbar nicht mehr verbessert.

So beantragen Sie ihre BU-Rente

Bevor die Versicherung zahlt, müssen verschiedene Phasen durchlaufen werden.

  • Feststellung der Berufsunfähigkeit: Für die Feststellung einer Berufsunfähigkeit muss ein Attest von einem oder verschiedenen Ärzten ausgestellt werden.
  • Antragstellung bei der Versicherung: Für den Antrag benötigt die Versicherung verschiedene Unterlagen. Darunter fallen Nachweise und Gutachten von behandelnden Fachärzten mit Angaben zum Grad der Berufsunfähigkeit, Ursache, Beginn und Art der Erkrankung sowie eine Prognose über den Verlauf. Weiterhin sollten Sie ihr berufliches Tätigkeitsprofil des zuletzt ausgeübten Berufes beschreiben. Je konkreter ihre Darstellung ist, desto besser kann die Versicherung erkennen, welche Tätigkeiten in gesunden Tagen möglich waren.
  • Schweigepflichtserklärung: Die sogenannte (pauschale) Schweigepflicht-Entbindungserklärung gibt der Versicherung das Einverständnis, Auskünfte von Ärzten und Ihrer Krankenversicherung einholen zu dürfen. Vorteil einer individuellen Einverständniserklärung ist, dass die Versicherung für jede Auskunft von Ihnen eine Einzelermächtigung benötigt.
  • Prüfung der Unterlagen: Die Versicherung lässt den Antrag durch einen Gutachter prüfen und beschafft sich weitere Informationen. Ist die Versicherung nicht überzeugt, kann sie ein eigenes Gutachten in Auftrag geben, was jedoch nur in etwa vier Prozent der Fälle geschieht. Die Entscheidung, ob die Leistung bewilligt wird, dauert im Schnitt zwischen drei und vier Monate. Am Ende des Prüfprozesses steht entweder ein Anerkenntnis oder eine Ablehnung des Leistungsantrages.
  • Ablehnungsgründe: Häufigster Ablehnungsgrund des Antrags auf BU-Rente ist laut Information des Gesamtverbandes der Versicherer die Nichterreichung des versicherten BU-Grades von 51 Prozent. Weitere Gründe sind: keine Reaktion des Versicherten (14 Prozent), Verletzung von vertraglichen Anzeigepflichten (12 Prozent) und Betrugsversuch (7 Prozent).
  • Gerichtsverfahren: Sollten juristische Mittel die einzige Möglichkeit darstellen, Ihre Ansprüche durchzusetzen, dann lassen Sie sich von einem Fachanwalt beraten. Laut Verband der Versicherer landeten nach der letzten Erhebung etwa 2,2 Prozent der Fälle vor Gericht. Davon endeten 60 Prozent mit einem Vergleich und in 10 Prozent der Fälle bekamen die Versicherungskunden Recht. In 25 Prozent aller Urteile wurde die Entscheidung der Versicherungen bestätigt.
  • Auszahlung: Sobald der Antrag von der Versicherung bewilligt wurde, wird die BU-Rente ausgezahlt.

Holen Sie sich Hilfe

Ob beim Ausfüllen der Anträge oder bei Ablehnung der Leistungen vom Versicherer – holen Sie sich rechtzeitig Hilfe. Auch Verbraucherzentralen bieten Hilfe an. Im Zweifel sprechen Sie mit einem unabhängigen Experten. Für anfallende Beratungskosten müssen Sie allerdings selbst aufkommen. Falls ein Rechtsstreit droht, lassen Sie sich von einem auf Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt vertreten. Diese Kosten sind in der Regel über eine Rechtsschutzversicherung abgedeckt.

Eine Analyse von Stiftung Warentest von Urteilen der Jahre 2010 bis 2016 ergab, dass etwa die Hälfte der Gerichtsprozesse zugunsten der Versicherungsnehmer ausgegangen sind.

Häufigste Gründe für Berufsunfähigkeit

Warum es wichtig sein kann, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen, zeigt ein Blick auf die Statistik. Drei Kategorien stellen mit knapp 72 Prozent die häufigsten Gründe für eine Berufsunfähigkeit dar.

Nervenkrankheiten oder neurologische Erkrankungen waren im Jahr 2023 mit rund 34,5 Prozent die Hauptursache für Berufsunfähigkeit in Deutschland. Typische Krankheitsbilder sind Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, Parkinson, Multiple Sklerose, Alzheimer und Migräne.

Zweithäufigste Ursache mit rund 20 Prozent bilden Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates. Darunter fallen Krankheiten, die Muskeln, Knochen und Gelenke betreffen, wie beispielsweise Rückenschmerzen, Bandscheibenvorfälle, Osteoporose, Arthrose oder Gicht.

Dritthäufigste Ursache für Berufsunfähigkeit mit rund 18 Prozent sind Krebserkrankungen.

Worauf Sie unbedingt achten sollten

Achten Sie bei Abschluss der Versicherung darauf, dass vertraglich vereinbart wird, dass ihr zuletzt ausgeübter Beruf bei Eintritt der Berufsunfähigkeit versichert ist. Fachsprachlich heißt das, dass der Versicherer auf abstrakte Verweisung verzichtet. In diesem Fall kann die Versicherung nicht verlangen, dass Sie einen anderen Beruf ausüben.

Kommunizieren Sie in allen Angelegenheiten stets schriftlich mit Ihrer Versicherung. Sollte es im Versicherungsfall zum Streit kommen, kann genau nachgewiesen werden, ob alle Informationen fristgerecht übermittelt wurden. Fertigen Sie von allen Unterlagen Kopien an.

Bei der Tarifberechnung spielt die Höhe Ihrer gewünschten Berufsunfähigkeitsrente eine Rolle, ebenso Ihr Alter. Je höher die BU-Rente sein soll und je älter Sie sind, desto höher ist der Tarif.

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