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Jens Spahn will EU-Recht an den Grenzen teils nicht anwenden. Auch bei der doppelten Staatsbürgerschaft soll schnell Schluss sein, sagt er bei „Illner“.

Der Messerangriff von Aschaffenburg ist ein Wendepunkt im Wahlkampf. Davon war bei „Maybrit Illner“ die „Spiegel“-Journalistin Melanie Amann überzeugt. Eigentlich sollte es um Donald Trump gehen, doch die tödliche Bluttat dominierte die Gesprächsrunde am Donnerstagabend. Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) forderte: Grenzen dicht für illegale Migranten – notfalls gegen EU-Recht: „Es kann niemand von Deutschland erwarten, dass es sich selbst überfordert.“

  • Wolfgang Schmidt (SPD), Chef des Bundeskanzleramtes
  • Jens Spahn (CDU), Unions-Fraktionsvize
  • Melanie Amann, „Spiegel“-Journalistin
  • Claus Kleber, Journalist
  • Florian Neuhann, ZDF-Wirtschaftsexperte

Spahn bekräftigte damit die Ankündigung seines Parteichefs Friedrich Merz, im Falle eines Wahlsiegs sofort die Einreise illegaler Migranten zu unterbinden. „Das europäische Recht ist dysfunktional. Und niemand kann von Deutschland erwarten, ein Recht anzuwenden, das nicht funktioniert“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion. Er fügte hinzu: „Wir verlieren das Vertrauen der Menschen. Fragt sich eigentlich irgendjemand, wie es den Deutschen dabei geht?“

„Da spricht ein überzeugter Europäer“, kommentierte Amann sarkastisch. Der Jurist Wolfgang Schmidt (SPD), Chef des Bundeskanzleramtes, warf der CDU vor, Recht und Gesetz aussetzen zu wollen. Wenn Merz Grenzschließungen durch eine nationale Notlage legitimieren könnte, würde ein solcher Schritt dazu führen, dass andere Länder wie Österreich oder Polen nachziehen.

Der langjährige Vertraute von Kanzler Olaf Scholz (SPD) zweifelte bei „Illner“ auch an der praktischen Umsetzbarkeit der Merz-Pläne. „Wir können unsere Grenzen nicht vollständig abschotten“, sagte Schmidt und verortete die Unions-Forderungen auf der „Sprücheklopfer-Ebene“.

„Es gibt 26 andere sichere Staaten“, meinte Spahn hingegen auf die Frage, wohin abgelehnte Migranten in der EU denn gehen sollten. Damit sei der Unions-Fraktionsvize knallhart nationalistisch unterwegs und hart an der Grenze zum Populismus, attestierte ihm Amann. Spahn schloss auf ihre Nachfrage wie Merz eine Zusammenarbeit mit der AfD aus. Er stellte jedoch klar: „Ja, ich stelle deutsche Interessen in den Mittelpunkt.“

Auch mit Aussagen wie dieser schlug der ehemalige Bundesgesundheitsminister bei Illner – die sich mit deutlich krächzender Stimme durch die Sendung quälte – den Bogen zum neuen alten US-Präsidenten Donald Trump. Ein gutes Verhältnis zum Regierungschef der Vereinigten Staaten sei im nationalen Interesse Deutschlands, sagte Spahn: „Unsere Sicherheit hängt von den USA ab. Punkt.“

Von Trumps erfolgreichem Wahlkampf lässt sich nach Ansicht des Christdemokraten etwas für Deutschland lernen. In den USA habe die Mehrheit der Wähler offensichtlich ebenfalls kein Verständnis mehr für offene Grenzen. „Am Ende macht Donald Trump das Gleiche wie die EU“, attestierte Spahn dem Republikaner gar und meinte damit den Schutz der Außengrenzen: „Wir bauen auch Zäune in Bulgarien und Rumänien.“

Ähnlich wie Trump nimmt auch die Union die Staatsbürgerschaft für Menschen mit Migrationsgeschichte in den Blick. Während der Plan des US-Präsidenten, die Staatsbürgerschaft per Geburt abzuschaffen, am Donnerstag vorerst von einem Richter gestoppt wurde, will Merz die doppelte Staatsbürgerschaft zu einem zentralen Wahlkampfthema machen.

„Kein deutscher Pass für schwere Straftäter“, ist ein am Montag veröffentlichtes Positionspapier der CDU überschrieben. Demnach sollen Doppelstaatler, die in Deutschland an terroristischen oder extremistischen Straftaten beteiligt sind oder andere schwerwiegende Verbrechen begehen, die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren.

Spahn schlug bei „Illner“ vor, dass der deutsche Pass beispielsweise nach zwei schweren Straftaten in den ersten 10 oder 15 Jahren entzogen werden sollte. Bei einem solchen Menschen „haben wir vielleicht geirrt bei der Einbürgerung“, sagte er. Schmidt widersprach: Es dürfe keine Deutschen zweiter Klasse geben. Der langjährige ZDF-Journalist Claus Kleber erinnerte daran, dass die Nationalsozialisten viele Deutsche staatenlos gemacht hatten.

Scholz‘ Kanzleramtschef sah wenig Grund, die Bundesregierung für ihre Asyl- und Migrationspolitik zu kritisieren. Auch durch die Einführung von Grenzkontrollen sei die Zahl der Asylanträge 2024 um fast 35 Prozent gesunken, wie Schmidt mehrmals anführte. Den Schwarzen Peter für nicht vollzogene Abschiebungen schob er den Ländern zu. Die seien für vieles im Vollzug zuständig.

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