Wahl in der Türkei: Wer mobilisiert mehr Wähler in Deutschland?

Bis zum 24. Mai können Türken in Deutschland wählen. Während die AKP auf die Mobilisierung der Moscheen setze, habe die CHP kein Konzept, so eine Expertin.

Es ist ein sonniger und warmer Sonntag, einer der ersten des Jahres. Das Gelände vor den Grugahallen in Essen ist voll und es strömen immer mehr Menschen hinzu. So ist es in einem Video des Generalkonsulats der Türkei in Essen auf Twitter zu sehen. Allerdings wollen diese Menschen nicht zu einem Konzert oder in den nahegelegenen Park – diese Menschen wollen ihre Stimme für die Stichwahlen in der Türkei abgeben.

Am 14. Mai gelang es dem amtierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan nicht, die absolute Mehrheit zu gewinnen. Er erhielt lediglich 49,49 Prozent der Stimmen und muss sich somit am 28. Mai dem Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu in der Stichwahl stellen. Allerdings können Wahlberechtigte in Deutschland bereits seit dem 20. und noch bis zum 24. Mai ihre Stimmen an den Generalkonsulaten abgeben.

Erdoğan in Deutschland klarer Sieger

In vielen anderen Ländern können Türkeistämmige nur an einem oder zwei Tagen wählen. Ob es daran liegen könnte, dass Erdoğan und seine AKP in Deutschland besonders viele Stimmen erhalten haben, kann die Politikwissenschaftlerin Inci Öykü Yener-Roderburg auf Anfrage von t-online nicht sagen.

Allerdings habe Erdoğan bei dieser Wahl in Deutschland 40.000 Stimmen mehr erhalten als bei der vorherigen. Im ersten Durchgang der türkischen Präsidentschaftswahlen kam Erdoğan auf 65,49 Prozent der Stimmen. Lediglich 32,52 Prozent stimmten in Deutschland für seinen Gegner Kemal Kılıçdaroğlu.

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Das zeige, dass Erdoğan mit der Mobilisierung der Wähler in Deutschland erfolgreich gewesen sei, so Yener-Roderburg. Deshalb würden sie diese Strategie auch bei der Stichwahl weiter verfolgen und wie schon zuvor die DITIB-Moscheen wieder mit einspannen. Denn insbesondere im Ausland seien noch weitere Stimmen zu holen, da dort nur 53 Prozent der Wähler an den Präsidentschaftswahlen teilgenommen hätten.

CHP verpasst Mobilisierung

Die Oppostionspartei CHP könne diese Nichtwähler sehr gut gebrauchen. Allerdings würde die CHP ihre potenziellen Wähler noch viel zu wenig mobilisieren, so Yener-Roderburg. Zwar hat Kılıçdaroğlu die Teilnahme an den Wahlen als “nationale Pflicht” ausgerufen, doch in der Realität würden insbesondere Anhänger der Oppositionsparteien versuchen, Nichtwähler zu mobilisieren.

Trotzdem möchte Yener-Roderburg keine generelle Wahlprognose abgeben. Denn insbesondere prokurdische Vereine würden sich sehr um die Nichtwähler bemühen. Laut Yener-Roderburg würden auch diese ähnlich wie die DITIB-Moscheen Wähler in Shuttlebussen zur Wahlurne fahren und auch kilometerweit für nur eine einzige Stimme für Kılıçdaroğlu fahren.

Welche Mühen sich tatsächlich auszahlen werden, wird sich am 28. Mai, dem Tag der Stichwahl in der Türkei, zeigen.

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