Dürfen die das?
Wann die Versicherung eine günstigere Werkstatt vorschreiben kann
Aktualisiert am 28.03.2025 – 11:51 UhrLesedauer: 2 Min.
Wann darf die Versicherung auf eine andere Werkstatt bestehen? Ein Urteil sorgt für Klarheit bei der Schadensregulierung nach Unfällen. Das sind die entscheidenden Kriterien.
Nach einem Verkehrsunfall stellt sich oft die Frage, in welcher Werkstatt das beschädigte Auto repariert werden soll. Ein Urteil des Oberlandesgerichts München (Az.: 10 U 5397/21) gibt klare Antworten darauf, wann eine Versicherung auf eine günstigere Werkstatt bestehen kann. Es ist ein Urteil mit Signalwirkung – und es zeigt, wie weit Versicherungen bei der Schadensregulierung gehen dürfen.
Im konkreten Fall ging es um einen Unfall, bei dem die Haftungsfrage bereits geklärt war. Der Geschädigte wollte den Schaden nicht durch eine tatsächliche Reparatur, sondern fiktiv abrechnen lassen. Das bedeutet, die Versicherung der Gegenseite sollte die Reparaturkosten bezahlen, ohne dass das Auto tatsächlich repariert wurde. Der Kläger zog die Kosten einer Markenwerkstatt heran. Doch die Versicherung weigerte sich, diese zu übernehmen, und verwies auf eine günstigere Werkstatt. Der Streit landete vor Gericht.
Das Gericht legte fest: Eine Versicherung darf auf eine kostengünstigere Werkstatt bestehen, wenn diese die gleiche Qualität bietet und gut erreichbar ist. In diesem Fall bestätigte ein Gutachten, dass die günstigere Werkstatt qualitativ gleichwertige Arbeiten durchführt. Auch die Erreichbarkeit der Werkstatt spielte eine Rolle: Sie befand sich 18,9 Kilometer vom Wohnort des Klägers entfernt, eine Entfernung, die das Gericht als zumutbar ansah. Wäre die Werkstatt schwer erreichbar gewesen oder hätte die Anfahrt länger als eine Stunde gedauert, hätte das Urteil vermutlich anders ausgesehen.
Besonders wichtig war auch die Tatsache, dass der Kläger keine Schwierigkeiten bei der Anfahrt nachweisen konnte. Hätte es gesundheitliche Einschränkungen gegeben oder wäre die Werkstatt schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, hätte dies den Fall beeinflussen können. Doch in diesem Fall gab es keine solchen Gründe, die den Zugang zur Werkstatt erschwert hätten.
Das Urteil des Oberlandesgerichts München verdeutlicht zwei zentrale Punkte: Erstens, Versicherungen dürfen bei der Wahl der Werkstatt auf günstigere Alternativen bestehen, wenn die Qualität der Reparatur gewährleistet ist. Zweitens, die Erreichbarkeit der Werkstatt muss zumutbar sein – der Geschädigte darf durch den Weg zur Werkstatt nicht unzumutbar belastet werden.
Für Versicherte bedeutet das, dass sie im Falle eines Unfalls nicht automatisch das Recht haben, eine teure Markenwerkstatt zu wählen. Wenn eine qualitativ gleichwertige, aber günstigere Werkstatt zur Verfügung steht, kann die Versicherung darauf bestehen. In der Praxis bedeutet das: Versicherte müssen sich darauf einstellen, dass die Wahl der Werkstatt nicht immer in ihren Händen liegt, wenn sie die Reparaturkosten über die Versicherung abwickeln.