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Viele Menschen stressen sich durch den Alltag: Ein Termin jagt den nächsten. Was den meisten nicht bewusst ist: Stress kann auf die Augen gehen.

Während akuter Stress die Leistungsfähigkeit steigert, die Konzentration schärft und die Reaktionsfähigkeit verbessert, wirkt sich anhaltender Stress auf vielfältige Art ungünstig auf den Körper aus. Davon sind mehrere Organe betroffen, unter anderem auch die Augen.

Unter Stress werden vermehrt Stresshormone ausgeschüttet, darunter Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Das führt dazu, dass der Körper anhaltend in Alarmbereitschaft ist. „Ein bedeutender Risikofaktor von Stress ist Bluthochdruck. Bluthochdruck ist für das Gefäßsystem, darunter auch die Gefäße im Auge, kritisch“, sagt Prof. Dr. Hans Hoerauf, Direktor der Augenuniversitätsklinik Göttingen und Vorstandsmitglied im Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V. (BVA). So steige das Risiko für Gefäßverschlüsse im Auge und eine damit verbundene Sehverschlechterung bis hin zum Sehverlust durch Schlaganfall des Sehnervs oder Thrombose der Netzhaut.

(Quelle: privat)

Prof. Dr. Hans Hoerauf ist Direktor der Augenuniversitätsklinik Göttingen und Vorstandsmitglied im Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V. (BVA)

Wie gefährlich akut hohe Blutdruckwerte für die Augen werden können, zeigt der sogenannte hypertensive Notfall. Dabei handelt es sich um einen plötzlichen, starken Anstieg der Blutdruckwerte auf über 200 mmHg. Die Blutdruckkrise kann lebensbedrohliche Schäden an den Organen verursachen. In der Regel ist eine Behandlung im Krankenhaus notwendig.

„Mit Blick auf die Augen kann eine Blutdruckkrise akute Schäden an Sehnerv und Netzhaut verursachen. Zu den Symptomen eines hypertensiven Notfalls gehören Kopfschmerzen, Sehstörungen, eine Minderung der Sehschärfe oder Gesichtsfeldausfälle“, sagt Hoerauf. „Häufiger führen chronisch zu hohe Blutdruckwerte zu Gefäßereignissen im Auge.“

Chronischer Bluthochdruck schwächt die Gefäße auf vielfache Weise. Durch den anhaltend zu hohen Druck verlieren die feinen Gefäße im Auge zunehmend an Elastizität. Sie werden spröder und starrer. Das begünstigt – in Zusammenhang mit einem ungesunden Lebensstil – Ablagerungen aus Kalk, Fett und Entzündungszellen an den Gefäßinnenwänden, sogenannte Plaques. Schreitet die Gefäßverkalkung (Atherosklerose) weiter fort, werden die Gefäße immer enger. Die Durchblutung verschlechtert sich und das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln steigt.

„Im schlimmsten Fall kommt es im Auge zu einem kompletten Gefäßverschluss. Beim Augeninfarkt verstopft ein Embolus ein arterielles Gefäß oder ein Thrombus ein venöses Gefäß und die Versorgung des Auges mit Blut und damit mit Sauerstoff und Nährstoffen ist nicht mehr gewährleistet. Es können Blutungen, Einrisse und Wassereinlagerungen im Auge entstehen“, erklärt Hoerauf. „Je nachdem, welches Gefäß betroffen ist und wie groß der Schaden am Auge ist, können bleibende Sehschäden bis hin zur Erblindung die Folge sein.“

Menschen, die unter Stress stehen, haben zudem ein höheres Risiko für die Managerkrankheit „Retinopathia centralis serosa“ (RCS), auch „Chorioretinopathia centralis serosa“ (CCS) genannt. Dabei handelt es sich um eine Netzhauterkrankung, bei der durch Undichtigkeiten in den unter der Netzhaut liegenden Gewebeschichten Flüssigkeit unter die Netzhaut gelangen kann. Es kann zu einer Abhebung der zentralen Netzhaut oder einem Ödem in der Netzhaut kommen. Dies äußert sich durch eine Sehverschlechterung, Leseprobleme und einem dunkleren halbdurchsichtigen Fleck im Sehzentrum. Verschwommen- und Verzerrtsehen sind ebenfalls möglich. Das Kontrast- und Dämmerungssehen sind vermindert.

„Die genauen Mechanismen der CCS sind bislang nicht abschließend geklärt. Da die Chorioretinopathia centralis serosa in stressigen Lebensphasen gehäuft auftritt, vermutet man neben genetischen Einflüssen Stress als einen Risikofaktor“, sagt Hoerauf. „Besonders häufig sind ehrgeizige und zielstrebige Männer im Alter von 30 bis 50 Jahren betroffen, welche im Beruf starkem Stress ausgesetzt sind.“ Stressreduktion unterstützt laut dem Experten die Heilung. Oft bilde sich das Ödem von selbst zurück. Sei das nicht der Fall und bilde sich eine chronische Form der CCS, seien trotz Behandlung bleibende Einschränkungen des Sehvermögens nicht auszuschließen.

Alkohol und Rauchen sind bedeutende Risikofaktoren für die Augen. Gerade in stressigen Phasen greifen viele Menschen oft vermehrt zu Zigaretten und Alkohol, um sich ruhiger und entspannter zu fühlen. Beides ist für die Augen Gift. Nicht nur, dass Rauchen und Alkohol trockene Augen begünstigen. Rauchen fördert zwei ernsthafte Augenerkrankungen: den Grauen Star und die altersbedingte Makuladegeneration (AMD), da Rauchen die Alterung der Zellen und ihr Absterben in der Netzhaut beschleunigt. Alkohol wiederum beeinflusst den Tränenfilm ungünstig. Die Augen werden empfindlicher und anfälliger für Infektionen. „Außerdem begünstigen die in Zigaretten und Alkohol enthaltenen giftigen Substanzen Entzündungsprozesse im Körper, fördern Verkalkungen in den Gefäßen und bewirken eine Blutdrucksteigerung“, sagt Hoerauf.

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