Aufbruch der Stadt Köln unter Adenauer

Sie untersuchen auch den Antisemitismus in der Stadt. Antisemitische Übergriffe waren eher vereinzelt. Inwiefern war der Katholizismus auch Bollwerk gegen nationalistische Tendenzen?

Die Nationalsozialisten waren seit 1930 durchaus in Köln erfolgreich, allerdings etwas weniger als in Deutschland insgesamt. Das lag einfach daran, dass Katholiken und Industriearbeiter zwar auch, aber seltener die NSDAP wählten – und Köln war eben eine katholische Industriestadt. National waren die Katholiken während der Weimarer Republik übrigens sehr wohl, jedoch nicht unbedingt radikalnational wie die Nazis – deren rabiater Nationalismus war etwas anderes. Das Gleiche gilt für den Antisemitismus.

Unter Katholiken gab es durchaus Vorurteile gegenüber Juden, die blieben aber lange eher unterschwellig. Erst in der Weltwirtschaftskrise ab 1930 gewannen diese Ressentiments an Bedeutung, weil die Milieus in der Krise enger zusammenrückten. Das isolierte die Juden. Gewalt gegen Juden war und blieb aber etwas, was die meisten Kölner, wie auch die meisten Deutschen, vor wie nach 1933 ablehnten.

Aus Sicht des Historikers: Was braucht es, um eine Demokratie in kritischen Zeiten zu stabilisieren?

Zwei Dinge: Zum einen Bürger, die ihre staatsbürgerliche Verantwortung ernst nehmen. Das heißt, nicht nur wählen gehen, sondern sich auch kontinuierlich über Politik informieren, besser noch selbst in einer Partei engagieren. Und dabei akzeptieren lernen, dass man im politischen Geschäft nicht mit dem Kopf durch die Wand kann, sondern Kompromisse und Abstriche von Idealvorstellungen zur Demokratie dazu gehören. Zum anderen Parteien, die ihre staatspolitische Verantwortung ernst nehmen, indem sie dem Wahlvolk nicht nach dem Maul reden und Dinge versprechen, die sie ohnehin nicht halten können, sondern stattdessen den Kompromisscharakter demokratischer Politik transparent machen.

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