Ab Montag sollten in Berlin die kommunalen Kitas bestreikt werden. Dazu kommt es nun nicht mehr. Verdi kündigte an, Berufung beim Landesarbeitsgericht einzulegen.
Das Arbeitsgericht Berlin hat den ab Montag geplanten unbefristeten Streik in kommunalen Kitas untersagt. Die Gewerkschaften müssten ihren Streikaufruf widerrufen, sagte der Vorsitzende Richter Peter Hansen nach einer mündlichen Verhandlung. Das Gericht gab damit einem Antrag des Landes Berlin statt.
Die Gewerkschaft Verdi kündigte an, Berufung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg einzulegen. Dieses dürfte sich in der kommenden Woche mit dem Thema befassen.
Zur Begründung für seine Entscheidung verwies das Gericht auf eine geltende Friedenspflicht. Es nannte aber auch „verbandsrechtliche Gründe“. Gewerkschaften hätten ein grundgesetzlich garantiertes Streikrecht. Allerdings habe aber auch das Land Berlin ein Recht, sich in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) zu organisieren und müsse keinen Rauswurf aus diesem Verband riskieren. Der droht nach Angaben des Senats, wenn das Land im Alleingang der Forderung der Gewerkschaften nach einem Tarifvertrag für bessere Arbeitsbedingungen an kommunalen Kitas folgen würde.
Am Donnerstag hatte der Senat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht, um den Ausstand auf juristischem Wege zu verhindern. „Der unbefristete Streik führt mehr noch als die vielen Warnstreiks der letzten Wochen zu extremen Belastungen Tausender Kinder und Eltern, da die Betreuung nicht gesichert ist und nicht ohne weiteres durch Eltern oder Verwandte abgefedert werden kann“, hieß es in einer Mitteilung der Finanzverwaltung.
Verdi-Sprecher Kalle Kunkel reagierte mit Enttäuschung und Verwunderung auf das Urteil. Die Gewerkschaft wolle es nun analysieren und warte auf die ausführliche schriftliche Begründung. „Mit der Gerichtsentscheidung ist die Krise in den Kindertagesstätten keinen Deut weniger geworden“, sagte Kunkel. Seine Gewerkschaft werde jetzt ihre Mitglieder über die neue Lage informieren, die nunmehr nicht ab Montag streiken würden.
Die Gewerkschaften Verdi und GEW fordern einen Tarifvertrag oder andere Vereinbarungen für bessere Arbeitsbedingungen, kleinere Kita-Gruppen und andere Entlastungen der Beschäftigten.
Der Konflikt schwelt schon lange, mehrfach gab es Warnstreiks. Der Senat lehnte die geforderten Tarifverhandlungen mit Verweis auf die Mitgliedschaft Berlins in der TdL immer wieder ab: Die Hauptstadt könne hier keinen Sonderweg gehen. So richtig ins Gespräch kamen Senat und Gewerkschaften erst in den vergangenen Tagen vor der Drohkulisse eines langen Streiks. Die Gespräche endeten aber zunächst ohne Ergebnis und mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Verdi signalisierte zuletzt, dass man nicht auf einen Tarifvertrag beharrt, aber auf verbindliche und einklagbare Vereinbarungen zur Entlastung der Beschäftigten.
Parallel zu der juristischen Auseinandersetzung laufen allerdings hinter den Kulissen weitere Unterredungen zwischen Senat und Gewerkschaften. Dem Vernehmen nach geht es um eine „Verfahrensvereinbarung“. Beide Seiten ringen also um den Inhalt einer Verständigung, auf welchem Weg man zu Lösungen kommt, um die Arbeitsbedingungen an städtischen Kitas zu verbessern. Während für die Gewerkschaften wirklich verbindliche und einklagbare Regelungen essenziell sind, ist dem Senat wichtig, dass das Ganze an keiner Stelle als Tarifverhandlung tituliert wird – um nicht die TdL-Mitgliedschaft auf Spiel zu setzen.
Der Streik hätte bei Weitem nicht alle der rund 2.900 Kitas in der Stadt betroffen. Lediglich knapp zehn Prozent gehören zu sogenannten kommunalen Eigenbetrieben. Dort betreuen rund 7.000 Erzieherinnen und Erzieher sowie weitere Beschäftigte laut Bildungsverwaltung 32.000 Kinder – rund ein Fünftel aller Berliner Kita-Kinder. Die übrigen Einrichtungen werden von freien Trägern betrieben, die nicht bestreikt werden.