Forderung nach Karenztag

Versicherungs-Chef will Lohn für ersten Krankheitstag abschaffen


06.01.2025 – 11:22 UhrLesedauer: 2 Min.

Nasenspray: Die durchschnittliche Zahl der Krankheitstage in Deutschland ist in den letzten Jahren stark gestiegen. (Quelle: batuhan toker/getty-images-bilder)

An immer mehr Tagen im Jahr bleiben deutsche Arbeitnehmer zu Hause und melden sich krank. Deshalb fordert der Allianz-Chef nun strengere Regeln.

Der Chef der Allianz-Versicherung, Oliver Bäte, hat eine kontroverse Reformidee vorgebracht. Er fordert in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ die Wiedereinführung eines sogenannten Karenztags. „Damit würden Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Arbeitstag selber tragen“, sagt der Versicherungs-Chef. Die Arbeitgeber würden so entlastet. In der Bundesrepublik gilt – anders als in einigen anderen Ländern – seit Jahrzehnten die Lohnfortzahlung ab dem ersten Krankheitstag.

Bäte begründet seinen Vorstoß mit der hohen Zahl von Krankmeldungen in Deutschland. Im Durchschnitt seien Arbeitnehmer hierzulande 20 Tage pro Jahr krankgemeldet, während der EU-Durchschnitt bei lediglich acht Tagen liege. „Deutschland ist mittlerweile Weltmeister bei den Krankmeldungen. Das erhöht die Kosten im System“, erklärte der Versicherungsmanager.

Laut seiner Rechnung zahlen deutsche Arbeitgeber jährlich 77 Milliarden Euro an Lohnfortzahlungen für erkrankte Mitarbeiter. Die Krankenkassen steuerten weitere 19 Milliarden Euro bei, was insgesamt rund sechs Prozent der Sozialausgaben ausmache. Im EU-Schnitt liege dieser Wert bei lediglich 3,5 Prozent.

Bäte geht wohl davon aus, dass ein Karenztag auch Blaumachen reduzieren könnte. Also das Krankmelden, obwohl Betroffene nicht oder kaum krank sind. Die Lohnfortzahlung würde erst dann beginnen, wenn tatsächlich ein Attest vom Arzt vorliegt.

Bäte plädierte im Interview zudem für umfassendere Reformen im Gesundheitssystem. In einer alternden Gesellschaft müssten die finanziellen Prioritäten überprüft werden. Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen hätten 2024 bereits 289 Milliarden Euro erreicht, und die Beiträge stiegen weiter. Gleichzeitig seien die Deutschen vergleichsweise häufig in ärztlicher Behandlung. „Deutschland steht bei der Zahl der Arztbesuche auf Platz sieben. Das ist doch irre“, sagte Bäte.

Seiner Einschätzung nach könnten durch eine effizientere Organisation bis zu 40 Milliarden Euro eingespart werden. Diese Mittel könnten an anderer Stelle dem Gesundheitssystem zugutekommen.

Karenz ist lateinisch und bedeutet Entbehrung oder Verzicht. Die Forderung nach Karenztagen in Deutschland ist nicht neu, Unternehmerverbände fordern diese schon länger. Frankreich führte 2012 einen Karenztag im öffentlichen Dienst ein, daraufhin sank die Zahl der Krankentage. 2014 schaffte Staatspräsident François Hollande den Karenztag wieder ab.

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