Erst unterstützt der reichste Mann der Welt die AfD, dann auch noch der klügste? Bei der AfD war die Verzückung so groß, dass alle Vorsicht vergessen wurde, als sich ein Hochstapler anbot.
Vielleicht schafft es der Koreaner Younghoon Kim jetzt doch noch in die englischsprachige Wikipedia. Es könnte etwas werden mit einem Artikel über den vielleicht dümmsten Hochbegabten der Welt und wie er die AfD und Elon Musk blamiert hat.
In den vergangenen Tagen kamen zunehmend Zweifel auf, ob es den 35-jährigen Younghoon Kim überhaupt gibt, er hat deshalb eine Kopie seines Passes an die AfD geschickt, die aber nicht mehr reagiert. Das ist tragisch für den Mann, der seit einiger Zeit viel Mühe aufbringt, um für den Menschen mit dem höchsten Intelligenzquotienten der Welt gehalten zu werden. Er hat dafür ein Netzwerk von Firmen, Institutionen und Wettbewerben genutzt, in denen er jeweils eine Rolle spielt und die ihm seinen unglaublichen IQ bescheinigen.
Als ihm t-online eine höfliche Mail mit Fragen schickte, hat er zuerst den Reporter auf X blockiert und dann begonnen, massenweise Tweets der vergangenen Tage zu löschen. Er hat nicht erklärt, warum er einen Klon der tatsächlichen Superhirne-Vereinigung Giga Society mit gleichem Namen aufgebaut hat und Partner angibt, die davon nichts wissen. Es gibt also noch Unklarheit in der Geschichte des Mannes, der zum Sprung als vermeintlich klügster Mann der Welt ansetzt und als Hochstapler aufschlägt.
Das hat viel zu tun damit, dass Younghoon Kim auf dem Trittbrett von X-Eigentümer Elon Musk eine kurze Liebesbeziehung zur AfD aufgenommen hat. Zuerst hatte Musk erklärt, die AfD zu unterstützen. Als dann alle Welt Notiz davon nahm, dass Musk mit Weidel plauderte, hatte sich auch Younghoon Kim auf X gemeldet: Nur die AfD könne Deutschland retten. Musk hatte zuvor bereits auf Lob des Koreaners reagiert.
Das AfD-Bekenntnis brachte Kim ersehnte Aufmerksamkeit ein wie wohl nie zuvor – und in der AfD war die Verzückung groß. Nach dem reichsten Mann der Welt empfahl jetzt auch der klügste die AfD zur Wahl? Bei der Aussicht auf solche Anerkennung galt möglicherweise das Sprichwort: Gier frisst Hirn. „Kann er irren?“, postete AfD-Vorsitzende Alice Weidel Kims Empfehlung mit einem Bild zum Teilen und dem Hinweis, dass das der Mann mit dem anerkannt höchsten IQ sei. Sie war nicht die Einzige damit, auch der bayerische AfD-Vorsitzende Stephan Protschka ließ einen Beitrag mit dem vermeintlichen Super-Genie basteln.
Weidel, er und weitere AfD-Politiker haben ihre begeisterten Postings inzwischen entfernt. „Der Beitrag wurde gelöscht, da Zweifel an der Echtheit des Accounts des Herrn bestand“, teilt die AfD mit. Es ist klüger, nicht mit der Unterstützung eines Hochstaplers zu werben.
Das ist Younghoon Kim zweifellos, wenn man den Gründer der Superhirn-Vereinigung Giga Society fragt, den Niederländer Paul Cooijmans. „Ein größenwahnsinniger, krankhaft lügender Hochstapler nach meiner Einschätzung.“ Younghoon Kim muss zumindest weit intelligenter sein als der Durchschnitt, er hatte es auch einmal in eine ebenfalls von Cooijmans geführte Glia Society geschafft, für die man einen IQ-Wert aufweisen muss, wie nur jeder Tausendste ihn hat. „Allerdings kann man bei Tests auch betrügen“, sagt Cooijmans.
Der Niederländer schloss Kim aus, als der Koreaner begonnen hatte, nach dem Vorbild der 1996 von Cooijmans gegründeten Giga Society (gigasociety.com) ebenfalls eine „Giga Society“ (gigasociety.net) für die Schlauesten der Schlauen aufzubauen. „Seit 2021 verwendet Kim den Namen ohne meine Erlaubnis, nutzt Text von der Webseite der echten Giga Society auf seiner nachgebauten Webseite und listete mehrere tatsächliche Mitglieder der echten Giga Society ohne ihr Wissen auf.“ Diese zeitliche Abfolge lässt sich leicht nachprüfen, und etwa der Dienst „Medium“ hat wegen Zweifeln den Account von Kims Society gelöscht.
Kims neue Seite ist optisch deutlich pompöser als die Seite der alten „Giga Society“, wie der deutschen Hacktivistin @N3ll4 aufgefallen ist, die auch zu dem Fall recherchiert hat und sich wundert. „Ich kenne Hochbegabte, und die arbeiten in der Regel mit sehr klaren und minimalistischen Auftritten.“ Sie hat Kim kontaktiert und zumindest Antwort bekommen und ist sich sicher, dass es die Person gibt.