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Die AfD trennt sich von ihrer rechtsextremen Jugendorganisation. Das aber muss nicht das Ende der „Jungen Alternative“ sein. Gut möglich, dass sie fortbesteht – gefüttert vom Vermögen der AfD.

Anna Leisten ist wütend. Die Brandenburger Landeschefin der „Jungen Alternative“ stapft in schnellen Schritten durch die Sachsenhalle in Riesa. Mit normalen Medien will sie nicht reden, brüsk blockt sie Reporter ab. Nur dem rechtsextremen Compact-Medium will sie ein Statement in die Kamera sprechen. Ein Statement für die Szene.

Leistens Wut hat einen guten Grund: Gerade haben 600 Delegierte auf dem Parteitag der AfD in Riesa mehrheitlich entschieden, dass die „Junge Alternative“ (JA) nicht mehr die Jugendorganisation der AfD sein soll. Eine neue Jugendorganisation wird es geben, die stark in die Strukturen der AfD eingebettet ist. Eine Jugendorganisation, die stärker von den Spitzen der AfD in Bund und Ländern kontrolliert werden kann.

Anna Leisten am Megafon bei einer JA-Demo: Sie könnte neue Chefin der Jugendorganisation werden – auch wenn die jetzt von der AfD abgeschnitten wird. (Quelle: IMAGO/Jacob Schrter)

Die AfD will damit einen Schlussstrich unter ihre Verantwortung für die „Junge Alternative“ (JA) ziehen, die vom Verfassungsschutz bereits seit 2023 als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wird. Mit der JA aber muss damit noch lange nicht Schluss. Es besteht die Gefahr, dass sie weiterexistiert, als Sammelbecken für harte Extremisten. Und die AfD trägt dafür viel Verantwortung: Trotz der Radikalisierung der JA hat sie sie gefördert und – darüber wird nur selten gesprochen – viel, viel Geld in die JA gepumpt.

Es gibt aus Sicht der AfD viele gute Gründe, das Verhältnis jetzt aufzukündigen. Einer der gewichtigsten davon ist: Die führenden Funktionäre der AfD haben genug.

Genug von den Problemen, die Mitglieder ihrer Jugendorganisation der Partei immer wieder einhandeln. Genug davon, dass die sich nicht disziplinieren lassen wollen. Ein Gefühl für die Qualität dieser Probleme gibt der letzte öffentlich gewordene Vorfall: drei Mitglieder der JA, die zugleich auch AfD-Mitglieder waren, wurden im Zuge einer Razzia festgenommen, weil sie Teil der mutmaßlichen Terrorgruppe „Sächsische Separatisten“ (SS) waren. Die bereitete sich mit Schießtrainings auf einen Umsturz vor. Rasch schlossen Partei und JA die drei aus.

Das aber funktionierte offenbar bei weitem nicht immer. Unter der Hand heißt es von hochrangigen AfD-Funktionären: Jeder der 16 AfD-Landesvorstände habe zuhauf Erfahrungen mit krassen Verfehlungen von JA-Mitgliedern gemacht. Einen guten Teil davon habe man zum Glück unter der Decke halten können, sie seien nie öffentlich geworden. Doch jeder AfD-Landesvorsitzende habe die Erfahrung gemacht, dass die JA ihre Mitglieder nicht zügeln oder sanktionieren wolle.

Bisher konnte die AfD das nicht ändern. Die JA nämlich profitierte zwar enorm von ihrem Status als Jugendorganisation der AfD – rechtlich gesehen aber ist sie ein eigenständiger Verein. Frei, sich selbst zu organisieren. Frei, die rote Linie bei Extremismus noch sehr viel später zu ziehen als die AfD, die schon viel toleriert. Oder eben gar keine roten Linien zu ziehen.

Trotzdem hat die AfD die JA bis zum Ende massiv gefördert. Besonders die radikalsten Funktionäre pflegen enge Kontakte zu der „Jungen Alternative“, treten gemeinsam mit ihnen auf, lassen sich im Wahlkampf von ihnen unterstützen. Sie nutzen ihre Plattform und bieten ihnen zugleich eine Plattform.

Darunter: der Thüringer Landesvorsitzende Björn Höcke oder Christoph Berndt, Brandenburger AfD-Fraktionschef und Spitzenkandidat im vergangenen Brandenburger Wahlkampf. Beide werden vom Verfassungsschutz als Rechtsextremisten eingestuft, beide wurden massiv von der JA unterstützt, besonders vom Brandenburger JA-Verband unter Leitung von Anna Leisten.

Extrem gute Freunde der JA: Hans-Christoph Berndt (l.) und Björn Höcke. (Quelle: Christoph Soeder/imago-images-bilder)

Wichtiger, ganz materiell, ist für den rechtsextremen Verein aber eine andere Komponente: Geld. Nur dank finanziellen Mitteln kann die JA schließlich überhaupt existieren und zum Beispiel eigene Konvente abhalten. Nur so kann sie auch das Material für Plakate, Flyer und T-Shirts finanzieren, die in der rechtsextremen Szene beliebt sind und ihr immer neue, junge Fans zuführen sollen.

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