Bis zu seinem Geständnis dachte die Lebensgefährtin des AfD-nahen Bundeswehr-Offiziers, er sei unschuldig. Der 54-Jährige steht wegen besonders schwerer Spionage vor Gericht.

Das Umfeld eines AfD-nahen Bundeswehr-Offiziers hat sich von dessen Geständnis, für Russland spioniert zu haben, völlig überrascht gezeigt. „Bis letzte Woche dachte ich, er ist unschuldig. Als ich dann gelesen habe, dass er gestanden hat, ist mir einiges aus dem Gesicht gefallen“, sagte die Lebensgefährtin des Mannes am Montag als Zeugin im Düsseldorfer Oberlandesgericht aus.

Sie führte die Tat auf die schlechte psychische Verfassung ihres Lebensgefährten zurück. Über Politik habe sie mit ihrem Mann nicht gesprochen, aber schon mitbekommen, dass er die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen habe, etwa wenn in den Nachrichten etwas zur deutschen Außenpolitik im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg kam. Die deutsche Politik habe ihm nicht gefallen, sagte sie.

Angeklagter schildert Angst vor nuklearer Eskalation

Der Offizier der Bundeswehr hatte gestanden, sich Russland mehrfach mit militärischen Informationen als Spion angedient zu haben. Etwa im gleichen Zeitraum habe er Kontakt zur AfD aufgenommen und seine Mitgliedschaft beantragt. Nach Angaben des Gerichts wurde er im Juli 2023 AfD-Mitglied.

Eine Nachricht, „vermutlich auf Tiktok“, habe bei ihm den Impuls ausgelöst, sich im Mai 2023 an das russische Konsulat zu wenden. Der Hauptmann räumte ein, damals bei Tiktok einem prorussischen, AfD-nahen Influencer gefolgt zu sein. Er erinnere sich aber nicht, welche Nachricht es genau gewesen sei.

Die Angst vor einer nuklearen Eskalation des Ukrainekriegs habe ihn getrieben, hatte der 54-Jährige behauptet. Es sei ihm darum gegangen, seine Familie noch rechtzeitig in Sicherheit bringen zu können. Für die rechtzeitige Information, „wann es knallt“, habe er Kontakt zur russischen Seite gesucht. Er sei vom baldigen Einsatz taktischer Atomwaffen ausgegangen. Rückblickend bedauere er dies sehr.

Arbeitskollege: „Das hätte ich nie von ihm gedacht“

Er sei damals in einer miserablen psychischen Verfassung gewesen, habe 18 Kilogramm abgenommen, kaum geschlafen und sei von Ängsten geplagt gewesen. Das Gericht hatte Zweifel an der genannten Motivation geäußert. Es sei für den Angeklagten offenbar leichter gewesen, sein Land zu verraten, als zum Arzt zu gehen.

Ein Arbeitskollege beschrieb das Verhältnis zum Angeklagten während der gemeinsamen Arbeitszeit bei der Bundeswehr als sehr gut. Über die Verhaftung und die Spionagevorwürfe sei er sehr überrascht gewesen. „Das hätte ich nie von ihm gedacht“, sagte er. „Er war mit Leib und Seele Offizier. Ich konnte das nicht verstehen und akzeptieren. Sein Hang zur AfD war der einzige Punkt, der meinen positiven Eindruck von ihm getrübt hat.“

„Wir hätten doch reden können“

Er habe keine Anzeichen dafür gesehen, dass sich der 54-Jährige damals in einer besonders schlechten psychischen Verfassung befunden habe. „Du hättest doch reden können, wir hätten doch reden können“, sagte er an den Angeklagten gerichtet.

Der Berufssoldat steht wegen besonders schwerer Spionage zugunsten Russlands vor Gericht. Der 54-Jährige war laut Bundesanwaltschaft als Hauptmann der Bundeswehr für Systeme der elektronischen Kampfführung zuständig. Sein Ziel sei gewesen, „den russischen Streitkräften vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage einen Vorteil zu verschaffen“. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Beamte des Bundeskriminalamtes hatten den Hauptmann am 9. August in Koblenz festgenommen. Seitdem ist er in Untersuchungshaft. Der Angeklagte klagte am Montag über seine Haftbedingungen in Düsseldorf. Er sitze in Isolationshaft, habe nichts zu lesen und seine Depression werde nicht behandelt.

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