Die AfD versucht, mit Unterstützung aus dem Ausland ihre politische Isolation zu durchbrechen. Das birgt Chancen für sie, aber auch Widersprüche und Gefahren.
Es ist ein Traumland, entworfen von einer Künstlichen Intelligenz, das die AfD-Chefin am Dienstag auf ihren Social-Media-Kanälen hochladen lässt: Hinter einer hohen Backsteinmauer mit der Aufschrift „Brandmauer“ scheint die Sonne, die Bäume blühen, Rentner und Kinder lachen. „Hast du dich eigentlich schon mal gefragt, was auf unserer Seite der Brandmauer ist?“, fragt Alice Weidels Stimme.
Es ist nur einer von vielen Beiträgen dieser Tage, mit denen die AfD-Spitzenkandidatin das Einverständnis aller anderen Parteien angreift, die AfD in Deutschland von jeder Regierungsverantwortung fernzuhalten. „Das letzte Stündlein der ‚Brandmauer‘ wird auch bei uns bald schlagen“, warnte sie CDU-Chef Friedrich Merz bereits einen Tag zuvor scharf in einer Pressemitteilung.
Die Wortmeldungen der AfD-Chefin zeigen, wie stark momentan die Hoffnung in ihrer Partei ist, die Brandmauer einzureißen oder erheblich zu beschädigen – zumindest in den Köpfen deutscher Wähler.
Diese Hoffnung flammt in der AfD seit geraumer Zeit immer wieder auf. Zurzeit aber geben für sie erstmals allein Entwicklungen und Akteure im Ausland den Ausschlag: Auf der einen Seite das offensive Werben für die AfD durch Elon Musk, den reichsten Mann der Welt und einflussreichen Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Auf der anderen der Erfolg der mit der AfD eng vernetzten österreichischen FPÖ, die im Nachbarland nun eine Regierung bilden soll.
Sie sorgen für einen Zangenangriff auf die deutsche Brandmauer und lassen die AfD attraktiver, wirkmächtiger und ungefährlicher erscheinen, als sie tatsächlich ist. Dabei gibt sie sich derzeit wenig Mühe, sich in ihrer Radikalität zu zügeln.
Um die Aufmerksamkeit von Elon Musk buhlt die AfD schon lange. Seit der Milliardär 2022 Twitter aufkaufte, äußerten sich AfD-Funktionäre auf der Plattform plötzlich zuhauf auf Englisch und adressierten den Unternehmer immer wieder direkt. Erfolg verbuchte damit zuerst der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke. Als der Rechtsextremist sich im April vergangenen Jahres darüber beklagte, dass er für die Verwendung der verbotenen SA-Parole „Alles für Deutschland“ angeklagt wurde, antwortete Musk. Es blieb bei einem kurzen Austausch, der Anfang aber war gemacht.
Inzwischen hat sich Musk zum mächtigsten Wahlkampfhelfer der AfD gemausert: Er beschimpft die deutsche Bundesregierung, verharmlost die AfD und verschafft ihr enorme Reichweite. Höhepunkt soll ein direktes Gespräch zwischen Musk und AfD-Chefin Alice Weidel sein, das für diesen Donnerstagabend angesetzt ist. Einen solchen Live-Talk, übertragen auf Musks sozialem Netzwerk X (früher Twitter), führte Musk im US-Wahlkampf auch mit Donald Trump – mehr als eine Million Nutzer schalteten ein.
AfD-Landeschef: Musk kann Brandmauer in vielen Köpfen einreißen
Als für die AfD „strategisch bedeutsam“ bezeichnet Robert Lambrou, Landeschef der AfD in Hessen, Musks Einsatz. „Sein Stil ist zwar rabiat“, sagt er t-online. „Aber er ist auch in der Lage, rabiat die Stigmatisierung der AfD zu senken und die Brandmauer in vielen Köpfen einzureißen.“
Hans-Thomas Tillschneider, Vizechef der AfD in Sachsen-Anhalt, hält es sogar für möglich, dass Musks Einsatz der AfD erhebliche Zugewinne bei der Bundestagswahl bringt. „30 Prozent plus X“ seien dank Musk für die AfD nun „auf jeden Fall“ möglich, sagt er t-online. „Die neuesten Umfragen – bundesweit 21,5 Prozent – weisen in diese Richtung.“
Viele andere Parteifunktionäre bleiben zurückhaltender. „Wie viele Stimmen uns sein Engagement bringt, kann ich nicht sagen“, sagt der Brandenburger AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt, der vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist geführt wird. Helfen aber werde es in jedem Fall: „Es ist schwerer, uns als Nazi-Partei zu bezeichnen, wenn der US-Präsident und sein wichtigster Berater auf unserer Seite stehen.“