AfD ist derzeit keine Nazi-Partei

Ex-Richter Di Fabio skeptisch über Verbot

Verfassungsexperte: Grundgesetz könnte AfD-Missbrauch stoppen

28.12.2025 – 00:20 UhrLesedauer: 2 Min.

Udo di Fabio, ehemaliger Verfassungsrichter, bei einer Pressekonferenz. Er sieht derzeit noch keinen Grund für ein Verbot der AfD. (Archivbild) (Quelle: IMAGO/M. Popow/imago)

Ex-Verfassungsrichter Di Fabio warnt vor einem pauschalen Nazi-Vergleich der AfD. Ein Parteiverbot hält er für denkbar.

Der frühere Verfassungsrichter Udo Di Fabio hat vor einer pauschalen Einstufung der AfD als Nazi-Partei gewarnt. „Es mag Gestalten bei der AfD geben, die mit der Ideologie und den Symbolen der NSDAP liebäugeln. Das müssen wir sorgfältig beobachten, niemand kann ausschließen, dass die Partei sich weiter radikalisiert“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Zugleich warnte er vor einer gesellschaftlichen Ausgrenzung der AfD-Wähler: „Wenn wir so tun, als hätten wir bereits eine Nazi-Partei vor uns, dann verfeindlichen wir auch diejenigen, die aus irgendwelchen sachlichen oder weniger sachlichen Gründen die AfD wählen.“

Di Fabio verwies auf aktuelle Umfragen, nach denen ein Viertel der Bevölkerung die AfD unterstütze. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern liegt die Partei aktuell deutlich auf dem ersten Platz. 2025 stehen dort sowie in Berlin, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Landtagswahlen an.

Für den Fall eines Wahlsiegs der AfD betonte Di Fabio die bindende Wirkung des Grundgesetzes. „Auch eine AfD-Regierung müsste sich an Recht und Gesetz halten“, sagte er. Sollte die Partei den verfassungsrechtlichen Rahmen verlassen, gebe es Eingriffsmöglichkeiten durch das Grundgesetz.

„Ich würde nicht den drohenden Untergang der Demokratie an die Wand malen, aber eine ernste Herausforderung steht uns bevor“, sagte Di Fabio. Mit Blick auf mögliche Regierungserfahrungen einer AfD sagte er: „Wenn sie das täte, müsste man mit dieser Erfahrung leben – und schauen, was die Wähler dann am Ende einer solchen Legislaturperiode sagten.“

Ein Parteiverbotsverfahren hält Di Fabio unter bestimmten Bedingungen für möglich. „Ein AfD-Verbotsverfahren kann erfolgversprechend und sogar politisch notwendig sein, wenn die Partei sich weiter radikalisiert und darauf ausgeht, die geltende Verfassungsordnung zu untergraben oder sogar abzuschaffen.“ Derzeit sieht er die Voraussetzungen dafür jedoch nicht als erfüllt an: „Vielleicht sollte man das Pulver lieber trocken halten, weil man es womöglich später noch benötigt.“

Die politische Debatte über ein mögliches AfD-Verbot dauert an. Während die SPD ein solches Verfahren eher unterstützt, äußern CDU und CSU Skepsis. Ein Verbot kann nur vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden, ein Antrag müsste von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung gestellt werden.

Im Frühjahr hatte der Bund gemeinsam mit den Ländern eine Arbeitsgruppe zum Umgang mit der AfD eingerichtet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die Partei Anfang Mai als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Aufgrund einer Klage der AfD setzte die Behörde diese Einstufung jedoch bis zur gerichtlichen Klärung aus.

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