Der „Abschiebesong“ war ein Wahlkampferfolg für die AfD in den sozialen Medien. Die Melodie aber ist von den „Atzen“ geklaut. Nun wird der Partei der Song untersagt.

Es war im Landtagswahlkampf in Ostdeutschland ein zentrales Werbemittel für die AfD bei der jungen Zielgruppe: Ältere Partysongs mit neuem, rassistischen Text versehen und sie in den sozialen Medien viral gehen lassen. Einen ihrer größten Erfolge aber – den sogenannten Abschiebesong, gedichtet auf die Melodie des Partyklassikers „Das geht ab“ von „Die Atzen“ – darf die Partei nun nicht mehr verwenden. Ansonsten drohen ihr hohe Strafen.

Das teilte der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer den Mitgliedern seines Verbandes in einem Schreiben mit, das t-online vorliegt. Die AfD habe eine „verbindliche strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung“ abgegeben, die ihr die Verwendung des Songs auf Veranstaltungen wie in den sozialen Medien untersagt. „Im Falle eines etwaigen Vertragsverstoßes drohen uns empfindliche Vertragsstrafen!“, so Springer.

Im Internet ist der „Abschiebesong“ in rechten Kreisen schon seit Monaten ein Hit, nach der Brandenburger Landtagswahl hatten AfD-Mitglieder auf der Wahlparty der Partei dann vor Kameras dazu getanzt und laut mitgesungen: „Hey, jetzt geht’s ab, wir schieben sie alle ab!“ Dabei hielten sie ein Schild mit der Aufschrift: „Millionenfach abschieben“ in den Händen. Videos der Szene gingen viral.

Die AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ hat den Song mithilfe Künstlicher Intelligenz für den Wahlkampf zurechtgestückelt. Mit einem Video, in dem ein Abschiebeflieger zu sehen ist, verbreitete sie es erfolgreich im Internet.

Die eingängige Melodie allerdings stammt von dem bereits 2009 erfolgreichen Partysong „Das geht ab! (Wir feiern die ganze Nacht)“ des Hip-Hop-Duos „Die Atzen“. Es besteht aus den Berliner Rappern Frauenarzt und Manny Marc.

Schon nach der Wahlparty zeigten die beiden Künstler sich in einem kurzen Statement wenig erfreut über die Nutzung ihres Songs durch die in weiten Teilen rechtsextreme AfD. „Die Einzigen, die unseren Song umdichten dürfen, sind die Hertha BSC Ostkurve und Spongebob“, schrieben sie auf Instagram. Offensichtlich sind die Rapper nun weitere Schritte gegangen.

Die Atzen (Archivbild): Das Duo besteht seit 2008. (Quelle: IMAGO / nicepix.world)

AfD-Landeschef Springer schreibt, dass man sich nach interner Beratung dazu entschlossen habe, der Aufforderung nachzukommen und die Erklärung abzugeben. So sollen im aktuellen Fall Prozesskosten von bis zu 36.000 Euro vermieden werden. Das aber funktioniere nur, wenn zukünftige Vertragsverletzungen vermieden würden.

„Das bedeutet, dass dieses Lied von uns weder öffentlich abgespielt, angestimmt oder im Social-Media-Bereich zugänglich gemacht und/oder geteilt werden darf“, so Springer. Das zum Song gehörige Video dürfe nicht weiterhin öffentlich zugänglich sein.

Bei Verstößen will der AfD-Chef anfallende Strafen nicht aus den Kassen des Landesvorstands begleichen, warnt er, sondern sich „bei den handelnden Mitgliedern schadlos halten“.

Unmittelbar nach der Wahlparty bewertete die AfD-Spitze in Land wie Bund das Lied hingegen noch als unproblematisch. Springer sprach von einem „harmlosen“ Verhalten der singenden und tanzenden Parteimitglieder. Bundeschef Tino Chrupalla sagte, die Jugend habe „ein Recht, ausgelassen zu feiern“.

Die Melodie des „Atzen“-Hits ist nicht der erste Song, den die AfD und rechte Kreise ge- und missbrauchen. Gigi D’Agostinos Partyhit „L’Amour tourjours“, nun versehen mit der Neonazi-Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“, machte den Auftakt. Neben dem „Abschiebesong“ kursierte zuletzt außerdem ein zweiter D’Agostino-Song: aus „Blablabla“ wurde da „Nur die AfD“.

AfD-Politiker und Unterstützer teilten in den sozialen Medien Videos von jungen Frauen, die zu dem basslastigen Song tanzten. Diese Videos allerdings waren zumindest zum Teil von Unterstützern gefakt – ein der AfD nahestehender Social-Media-Berater gab eine detaillierte Anleitung dafür im Netz. Eine junge Influencerin, deren Tanzvideo so missbraucht wurde, sagte t-online damals: „Ich bin absolut angewidert und entsetzt, dass die AfD meine Inhalte benutzt, um für sich zu werben.“

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