Zu viel der Russlandnähe? Die AfD-Fraktionsspitze diskutiert über den Fall Matthias Moosdorf, andere in der Partei gratulieren herzlich. Der AfD-Abgeordnete ist seit September auch Professor in Moskau.

Ein Bundestagsmandat und zugleich ein bezahlter Job in Moskau an einer staatlich finanzierten Hochschule? Das ist vielleicht auch für die russlandfreundliche AfD zu viel: Die Spitze der AfD-Fraktion im Bundestag diskutiert über den Fall ihres Außenpolitikers Matthias Moosdorf und zeigt sich öffentlich skeptisch.

„Wir sind mit Herrn Moosdorf im Gespräch“, sagte am Montag Bernd Baumann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD im Bundestag und Mitglied des Fraktionsvorstands, bei einer Pressekonferenz auf Nachfrage von t-online. Der Fall habe eine „politische Komponente“.

Es sei Beschlusslage der Partei, dass Russlands Krieg gegen die Ukraine als Angriffskrieg gewertet und verurteilt werde. Eine Professur in Russland sei daher anders zu beurteilen als „eine Professur irgendwo im Ausland“, so Baumann. „Da sehen wir eine Problematik und in die Richtung gehen auch die Gespräche.“ Welche Lösungen möglich seien? Dazu äußerte sich Baumann nicht.

Nach Informationen von t-online stört Abgeordnete in der Fraktion nicht nur Moosdorfs neue Anstellung, sondern insbesondere, dass er dafür Gehalt aus Moskau erhalten soll. Der Vorstand soll in den vergangenen Tagen Recherchen darüber angestrengt haben, in welchem Verhältnis die Gnessin-Musikhochschule, Moosdorfs künftige Arbeitsstätte, genau zum Kreml steht.

Moosdorf sitzt seit 2021 für die AfD im Bundestag. In seinem sächsischen Wahlkreis Zwickau holte er mit 25,6 Prozent das Direktmandat. Vor seiner Zeit als Abgeordneter war er erfolgreicher Cellist und Berufsmusiker. Er begründet seinen neuen Nebenjob damit, dass er ein „Zeichen der Verständigung“ speziell an junge Menschen senden möchte. „Musik kennt keine ideologischen Grenzen.“

Die Gnessin Russian Academy of Music ist eine international bekannte Musikhochschule in Russland. 2022, nur wenige Tage nach Putins Invasion in der Ukraine, machte sie wegen Kriegspropaganda Schlagzeilen. Moosdorf behauptet, er könne keine politische Ausrichtung der Gnessin-Musikhochschule erkennen. „Sie interessiert mich auch nicht.“ Seine Tätigkeit gelte „ausschließlich der Musik als weltweiter Sprache der Versöhnung und Verständigung“.

In der AfD sind die Verbindungen nach Russland stark: Funktionäre reisen immer wieder zu Beobachterreisen, um die undemokratischen Wahlen des Kremls zu legitimieren – zuletzt machten das drei bayerische Landtagsabgeordnete im März, als Wladimir Putin als Präsident wiedergewählt wurde. Sie traten ebenso wie zahlreiche andere AfD-Mandatsträger in russischen Propaganda-TV-Sendern auf. Inhaltlich geriert sich die AfD als „Friedenspartei“: Ihre Funktionäre fordern ein Ende der Sanktionen gegen Moskau, Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland und betonen die Mitschuld des Westens am Krieg in der Ukraine.

Fraglich ist außerdem, inwiefern in die AfD Geld aus Russland geflossen ist: Gegen Moosdorfs Vorgänger im Amt des außenpolitischen Sprechers, Petr Bystron, wird wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche ermittelt. Er soll laut Medienberichten Zahlungen aus dem pro-russischen Desinformationsnetzwerk „Voice of Europe“ angenommen haben, dem mehrere AfD-Politiker Interviews gaben.

Ob der Fraktionsvorstand sich mit einer kritischen Linie im Fall Moosdorf durchsetzt, ist deswegen noch nicht ausgemacht. Die pro-russischen Stimmen in der Partei sind stark. So gratulierte Sachsens AfD-Landeschef Jörg Urban Moosdorf noch vor wenigen Tagen öffentlich auf Facebook: „Glückwunsch lieber Matthias zu Deiner Gastprofessur in Moskau!“ Er sei froh, dass die AfD „solche Friedensbotschafter wie dich“ habe. „Russland ist nicht unser Feind“, es brauche wieder ein „normales Verhältnis“ zu Russland.

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