Obwohl Deutschland ein vermögendes Land ist, leiden viele Menschen unter Armut. Doch wann gelte ich eigentlich als arm? Wir zeigen, wo die Grenzen liegen.

Im Supermarkt kommt nur das Günstigste in den Einkaufswagen, das Handyguthaben ist aufgebraucht, und neue Kleidung ist genauso wenig drin wie Restaurantbesuche und Kinoabende. Wer arm ist, hat nicht nur finanzielle Sorgen, sondern auch kaum Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Doch was bedeutet Armut in Deutschland eigentlich? Ab welcher Grenze gelte ich als arm? Wir zeigen, über welche Beträge Sie mindestens verfügen müssen, um nicht als arm eingestuft zu werden.

Wer gilt in Deutschland als arm?

In Wohlstandsgesellschaften wie Deutschland wird Armut meist relativ erhoben. Das bedeutet, es kommt darauf an, wie Sie mit Ihrem Einkommen im Vergleich zum Rest des Landes dastehen. Als armutsgefährdet gelten in Deutschland daher Menschen, die monatlich über weniger als 60 Prozent des mittleren Netto-Haushaltseinkommens verfügen.

Diese Schwelle ist die sogenannte Armutsrisikogrenze oder Armutsgefährdungsschwelle. 2023 befanden sich 14,4 Prozent der Bevölkerung in dieser Lage. Dieser Anteil nennt sich auch Armutsgefährdungsquote. 2021 hatte sie noch 16 Prozent betragen. Verfügen Sie über weniger als 40 Prozent des mittleren Einkommens, gelten Sie laut Definition der Europäischen Union als offiziell arm – relativ gesehen. Das ist dann die Armutsgrenze.

Mittleres Einkommen: Das mittlere Einkommen, auch Medianeinkommen genannt, ist der Wert, der genau in der Mitte liegt, wenn alle Einkommen aufsteigend geordnet werden.

Im Gegensatz zur relativen Armut gibt es auch eine Definition für absolute Armut. Das bedeutet, dass Sie so wenig Geld besitzen, dass Ihr Überleben unmittelbar bedroht ist. Der Weltbank zufolge gelten Sie als absolut arm, wenn Ihnen weniger als 2,15 US-Dollar pro Tag zur Verfügung stehen. Mehr zum Unterschied zwischen relativer und absoluter Armut lesen Sie hier.

Wie hoch das monatliche Nettoeinkommen für die Armutsrisikogrenze ausfällt, ist von Haushaltstyp zu Haushaltstyp verschieden. Das Statistische Bundesamt unterscheidet zwischen Single- und Paarhaushalten mit und ohne Kinder.

Die aktuellsten Daten beziehen sich auf das Jahr 2023, wobei das Vorjahr der Erhebung als Referenzjahr für das Einkommen gilt. Wenn Sie also 2022 weniger als die angegebenen Beträge pro Monat zur Verfügung hatten, galten Sie auf dem Papier als arm:

  • Singles: 1.314 Euro
  • Alleinerziehende mit einem Kind unter 14 Jahren: 1.708 Euro
  • Alleinerziehende mit zwei Kindern unter 14 Jahren: 2.102 Euro
  • Paar, keine Kinder: 1.971 Euro
  • Paar, ein Kind unter 14 Jahren: 2.365 Euro
  • Paar, zwei Kinder unter 14 Jahren: 2.759 Euro
  • Paar, drei Kinder unter 14 Jahren: 3.153 Euro

Untergliedert nach Haushaltstypen sind erheblich mehr Alleinerziehende sowie Singles von Armut bedroht als im Bundesdurchschnitt. Im Jahr 2023 war knapp ein Viertel der Alleinerziehenden (23,7 Prozent) armutsgefährdet. Bei den Singles waren es sogar 26,4 Prozent. Unterdurchschnittlich oft von Armut gefährdet waren dagegen Paare mit einem Kind (8,6 Prozent) oder zwei Kindern (8,2 Prozent) sowie kinderlose Paare (10,3 Prozent). Bei Paaren mit drei oder mehr Kindern stieg der Anteil der Armutsgefährdeten hingegen auf 22,7 Prozent.

6,9 Prozent der Bevölkerung oder 5,7 Millionen Menschen in Deutschland waren im Jahr 2023 von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen (2022: 6,2 Prozent). Das bedeutet, dass ihre Lebensbedingungen aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln deutlich eingeschränkt waren. Die Betroffenen waren zum Beispiel nicht in der Lage, ihre Rechnungen für Miete, Hypotheken oder Versorgungsleistungen zu bezahlen, eine einwöchige Urlaubsreise zu finanzieren, abgewohnte Möbel zu ersetzen oder einmal im Monat im Freundeskreis oder mit der Familie etwas essen oder trinken zu gehen.

Auch für Rentner orientiert sich die Armutsrisikogrenze am mittleren Einkommen der Gesamtbevölkerung und daran, ob sie alleine oder mit einem Partner zusammenleben. Laut Statistischem Bundesamt lag die Armutsgefährdungsquote 2023 bei den über 65-Jährigen mit 18,4 Prozent über dem Bundesdurchschnitt.

Ältere Frauen sind dabei stärker armutsgefährdet als ältere Männer – und zwar noch mehr als über alle Altersgruppen hinweg. 2023 waren 20,6 Prozent der über 65-jährigen Frauen von Armut bedroht, während gleichaltrige Männer zu 15,7 Prozent betroffen waren.

Wer einmal unter die Armutsgrenze rutscht, bleibt immer öfter länger arm. Das geht aus dem Datenreport 2021 hervor, den das Statistische Bundesamt, das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Zusammenarbeit mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) herausgeben. Demnach waren von den Personen, die im Jahr 2018 unter die Armutsrisikoschwelle fielen, 88 Prozent bereits in den vier Jahren zuvor zumindest einmal von Armut bedroht.

Aktie.
Die mobile Version verlassen