Ehemaliger Ermittler bat um Gnade

90 Minuten vor Termin – Richter stoppt Hinrichtung


Aktualisiert am 18.10.2024 – 02:15 UhrLesedauer: 2 Min.

Robert Roberson im Gefängnis (Archivbild): Er sitzt vermutlich unschuldig in der Todeszelle. (Quelle: Ilana Panich-Linsman/Innocent Project)

Trotz Beweisen für seine Unschuld sollte Robert Roberson in Texas hingerichtet werden. Nun wurde seine Exekution kurz vor dem Termin doch noch gestoppt.

Die geplante Hinrichtung von Robert Leslie Roberson am Donnerstag in Texas ist kurzfristig gestoppt worden. Ein Richter entschied, seine Tötung per Giftspritze nur 90 Minuten vor dem festgelegten Zeitpunkt zu pausieren, um den Fall weiter prüfen zu lassen.

Roberson wird nun am 21. Oktober vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses von Texas aussagen. Dieser soll die Rechtmäßigkeit seiner Verurteilung wegen Mordes an seiner zweijährigen Tochter prüfen – ein Verbrechen, das nach Ansicht von Anwälten nie stattgefunden hat.

Roberson war 2002 zum Tode verurteilt worden, ihm wurde vorgeworfen, seine zweijährige Tochter Nikki zu Tode geschüttelt zu haben. Seit 2003 sitzt er in der Todeszelle. Tatsächlich litt Nikki jedoch an einer Lungenentzündung, einer unentdeckten Sepsis, und hatte Medikamente verabreicht bekommen, die für Kinder heute verboten sind.

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Der damalige leitende Ermittler Brian Wharton räumt nun ein, dass er bei der Untersuchung Fehler gemacht habe, wie „USA Today“ berichtet. Heute ist Wharton Pastor und fordert öffentlich eine erneute Prüfung des Falls. „Ich lag falsch. Robert ist ein guter Mann und hat das Verbrechen nicht begangen“, sagte Wharton im Gespräch mit dem Podcast „The Excerpt“ von „USA Today“.

Wharton erklärte weiter, Missverständnisse und Fehler hätten dazu geführt, dass man Roberson als Täter sah. Als Roberson seine Tochter Nikki ins Krankenhaus brachte, interpretierten Ärzte und Ermittler seine vermeintliche Gefühllosigkeit als Verdachtsmoment – ein Verhalten, das auch auf Autismus zurückgeführt werden könnte. Roberson ist diagnostizierter Autist. Zudem wurden andere medizinische Probleme von Nikki ignoriert.

Eine Gruppe von 84 texanischen Abgeordneten forderte jüngst Gnade für Roberson. Sie fürchten eine ungerechtfertigte Hinrichtung: „Es sollte alle Texaner schockieren, dass wir angesichts dieser neuen Beweise zu einer Hinrichtung schreiten“, schrieben sie an den Gouverneur und das Begnadigungsgremium des Staates.

Neben den Abgeordneten haben sich 34 wissenschaftliche und medizinische Experten mit einem Brief zu Wort gemeldet. Sie betonten, dass Nikkis Symptome heute nicht mehr als Anzeichen eines sogenannten „Schütteltrauma-Syndroms“ gewertet würden. Auch Vertreter von Elternrechten, Autismus-Vertreter sowie Anti-Todesstrafen-Gruppen wie das Innocence Project fordern eine Aufhebung des Urteils.

Das jüngste Urteil sorgte bereits für Reaktionen in den sozialen Medien, darunter vom republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, der die Entscheidung des Richters scharf kritisierte: „Ein weiterer schwacher Richter, der die Gerechtigkeit verzögert. Wie viele Chancen bekommt dieser Typ noch? Was ist mit der Gerechtigkeit für das Baby?“

Der Druck wächst besonders auf den Justizausschuss des texanischen Repräsentantenhauses, der eine Anhörung plant, um möglicherweise neue Gesetze gegen Todesurteile basierend auf falschen wissenschaftlichen Annahmen zu verabschieden.

Roberson wäre er der erste Mensch in den USA gewesen, der aufgrund des „Schütteltrauma-Syndroms“ exekutiert würde – eine Diagnoseform, die viele Wissenschaftler heute infrage stellen. Er wäre zudem der sechste Häftling in Texas, der dieses Jahr als Strafe getötet wird und insgesamt der 20. in den USA in diesem Jahr. Nun darf er zunächst weiter leben.

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