Wenn die Börse niemals schläft

Der Traum vom Rund-um-die-Uhr-Handel


07.12.2025 – 11:49 UhrLesedauer: 4 Min.

Euphorischer Börsenhändler

Börsenhändler am Telefon (KI-Symbolbild): Rund-um-die-Uhr-Handel könnte die Börsenwelt revolutionieren – aber zu welchem Preis?

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Je länger die Börse geöffnet hat, desto besser für Anleger? Ganz so einfach ist es nicht, sagen Experten – und verweisen auf eine Gefahr, die viele unterschätzen.

Während Aktien hierzulande nur werktags gehandelt werden, sind Kryptowährungen rund um die Uhr verfügbar – und wecken den Wunsch nach ähnlicher Flexibilität an den regulierten Märkten. Kurz vor dem Schlafengehen noch einen Kursanstieg mitnehmen? Nach überraschenden Quartalszahlen sofort reagieren? Technisch wäre das heute kein Problem mehr.

Doch was nach Freiheit klingt, birgt auch Konfliktstoff. Institutionelle Investoren warnen vor neuen Risiken, wenn der Handel sich immer weiter in die Nacht und aufs Wochenende ausdehnt. Denn Märkte funktionieren nur dann zuverlässig, wenn genügend Käufer und Verkäufer gleichzeitig aktiv sind – und genau das ist außerhalb der Kernzeiten oft nicht gegeben.

Damit steht die Branche vor einer Grundsatzfrage: Sind längere Börsenzeiten gut oder gefährlich für Anleger?

Was sich verändert, wenn Börsen rund um die Uhr handeln

Die Vorstellung, jederzeit handeln zu können, klingt zwar verlockend. Doch ein nahezu durchgehender Handel würde die Mechanik der Märkte tiefgreifend verändern. Ein erster Schritt in diese Richtung zeigt sich bereits in Deutschland.

Seit dem 1. Dezember 2025 können Privatanleger hierzulande auf Xetra wochentags ohne Unterbrechung von 8 bis 22 Uhr handeln. Begründet wird das vor allem mit einer höheren Flexibilität für Berufstätige und der Möglichkeit, auf Entwicklungen in den USA zu reagieren, solange diese noch „frisch“ sind. Nach hiesiger Zeit schließen die US-Börsen erst um 22 Uhr.

International ist der Trend sogar noch deutlicher: In den USA sind an der NYSE heute schon Handelszeiten von bis zu 22 Stunden am Tag möglich, vorangetrieben durch die 24X National Exchange. Dahinter steht die Erwartung, Anleger aus anderen Zeitzonen besser bedienen zu können, etwa aus Asien oder Europa. Die Botschaft: Wer global Kapital anziehen will, braucht längere Öffnungszeiten.

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Doch selbst bei Kryptowährungen zeigt sich, dass Anleger die erweiterten Handelszeiten nicht unbedingt annehmen. „Man sieht, dass sich das Volumen in den Kernzeiten konzentriert. 24-Stunden-Handel ist also ein Service, der gar nicht so viel genutzt wird“, sagt Michael Barsuhn vom Vermögensverwalter Flossbach von Storch. Es werde deutlich, dass längere Verfügbarkeit nicht zwingend mehr Marktqualität bedeute.

Werner Eppacher von der Fondsgesellschaft DWS weist laut einem Bericht der „Börsen-Zeitung“ darauf hin, dass Europa bereits heute mit den wichtigsten asiatischen und amerikanischen Märkten zeitlich überlappt – und Anleger damit schon jetzt auf weltweite Ereignisse reagieren können. Die entscheidende Frage laute deshalb nicht, wie lange ein Markt geöffnet sei, sondern wie gut er in dieser Zeit funktioniere.

Deutlich schwerer wiegen aus Sicht von Fonds- und Vermögensverwaltern die Nachteile der längeren Handelszeiten. Diese führten zu weniger gleichzeitigen Marktteilnehmern – die sogenannte Liquidität sinke, so die Warnung. Das hat direkte Konsequenzen. Wenn wenige Käufer und Verkäufer aktiv sind, weiten sich die Spreads, also die Preisspanne zwischen Kauf- und Verkaufskurs, oft stark aus.

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